Frankfurt/Main/München - Die Komplettübernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank geht deutlich früher über die Bühne als geplant. Zugleich kostet der seit Jahren größte Deal in der deutschen Finanzindustrie Deutschlands zweitgrößtes Geldhaus mit nunmehr 5,1 Milliarden Euro nur etwas mehr als die Hälfte der eigentlich kalkulierten 9,8 Milliarden Euro. Außerdem wird die Allianz als bisherige Dresdner-Mutter nach dem neuen Fahrplan nur mit 18,4 und nicht mit 30 Prozent an dem neuen fusionierten Bankhaus beteiligt sein.

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Die deutsche Commerzbank zieht die Komplett-Übernahme der Dresdner Bank um ein halbes Jahr vor und spart dabei gut vier Mrd. Euro. Wie die Commerzbank am späten Donnerstagabend mitteilte, kauft sie die restlichen 40 Prozent an der Dresdner Bank von deren bisherigem Eigentümer Allianz schon im Jänner 2009. Der Münchener Versicherungsriese bekommt dafür statt Commerzbank-Aktien 1,4 Mrd. Euro in bar. Insgesamt zahlt das Frankfurter Geldhaus damit nur gut fünf Mrd. Euro für die Verluste schreibende Dresdner Bank. Im September hatten sich Allianz und Commerzbank auf einen Preis von neun Mrd. Euro geeinigt.

Investoren feierten die Nachricht: Die Commerzbank-Aktie, die seit dem Vertragsabschluss um zwei Drittel eingebrochen war, schoss zeitweise um mehr als 16 Prozent auf gut acht Euro in die Höhe. Allianz-Papiere legten knapp neun Prozent zu.

"In der aktuellen Situation an den Finanzmärkten ist eine beschleunigte Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank vorteilhaft für alle Beteiligten", erklärte Allianz-Chef Michael Diekmann. Mitarbeiter und Kunden profitierten davon, dass es keinen langen Übergangsprozess gebe. Durch den Zusammenschluss der beiden Häuser entsteht nach der Deutschen Bank ein zweiter Bankenriese in Deutschland mit rund elf Mio. Privatkunden und über 60.000 Mitarbeitern.

Ursprünglich sollte die Commerzbank im Jänner gut 60 Prozent an der Dresdner Bank übernehmen und die restlichen Anteile in der zweiten Jahreshälfte 2009. Mit dem sinkenden Aktienkurs der Commerzbank hatte allerdings die Verunsicherung am Markt über einen erfolgreichen Abschluss zugenommen. Nun hat die Commerzbank ein Risiko weniger: Sie spart sich die Ausgabe neuer Aktien und eine außerordentliche Hauptversammlung, auf der die Kapitalerhöhung hätte beschlossen werden sollen. Der Ausgang des Treffens galt als äußerst unsicher.

Weil die Commerzbank einen größeren Teil als vereinbart in bar bezahlt, wird die Allianz künftig nur 18,4 Prozent an dem neuentstehenden Bankenriesen halten. Nach den bisherigen Plänen wären es am Ende knapp 30 Prozent gewesen.

Experten beurteilten den Schritt positiv. "Das Entscheidende ist, dass es keine weitere Kapitalerhöhung bei der Commerzbank und damit auch keine zusätzliche Verwässerung der Aktien gibt", sagte Marktanalyst Heino Ruland von FrankfurtFinanz. Marc Thiele von UBS sagte, für die Allianz sei gut, dass sie weniger Aktien an der Commerzbank halte und mehr Bares bekomme.

Verzicht auf Risikoschirm

Commerzbank und Allianz einigten sich zudem darauf, auf den fast eine Milliarde Euro schweren Risikoschirm für bestimmte Papiere der Dresdner zu verzichten. Die Münchener erhalten von der Commerzbank stattdessen einmalig 250 Mio. Euro in bar. Unverändert bleiben der Verkauf der Commerzbank-Fondstochter Cominvest an die Allianz und die exklusive Vertriebskooperation von Commerzbank und Allianz. Das Frankfurter Geldhaus schickt Anfang des Jahres drei Vorstände zur Dresdner Bank.

Die Übernahme war ursprünglich in zwei Schritten vereinbart worden, weil die Commerzbank als zu kapitalschwach galt, den Kauf auf einmal zu stemmen. Anfang des Monats besorgte sie sich vom Staat über den Rettungsfonds (SoFFin) jedoch 8,2 Mrd. Euro frisches Kapital. Die staatliche Finanzspritze ist nicht an eine bestimmte Verwendung gebunden - das hatte Commerzbank-Chef Martin Blessing schon damals betont.

Im Zuge der Übernahme fallen rund 9.000 Arbeitsplätze weg, 6.500 davon in Deutschland. Mehrere hundert Filialen werden geschlossen. Die Allianz beendet mit dem Verkauf der Dresdner Bank ein siebenjähriges Engagement, das sie Milliardensummen kostete und die Erwartungen nie erfüllte. Die Allianz hatte die ehemalige Nummer zwei unter den deutschen Banken 2001 für 24 Mrd. Euro gekauft mit der Vision, einen Allfinanzkonzern zu schaffen. (APA)