Von 275 möglichen irakischen Parlamentsstimmen hat das irakisch-amerikanische Sicherheitsabkommen 149 bekommen: Das ist zwar eine satte Mehrheit unter den 198 anwesenden Abgeordneten, aber dass 77 andere in einer für ihr Land so entscheidenden Stunde nicht einmal erscheinen, wirft ein eher ernüchterndes Licht auf den Parlamentarismus im Irak. Auch dass die Parteien versucht haben, sich ihre Zustimmung im Tausch für die Erfüllung zum Teil absurder Forderungen abkaufen zu lassen.

Denn das Abkommen, das jetzt offiziell nur mehr "Vereinbarung über den Abzug der US-Truppen aus dem Irak und über die Organisation ihrer Aktivitäten während ihres zeitlich begrenzten Aufenthaltes im Irak" genannt werden darf, ist in der Bedeutung für den Irak durchaus mit unserem Staatsvertrag zu vergleichen. Es beinhaltet nicht weniger als die Wiederherstellung der irakischen Souveränität. Wer seine Genesis verfolgt hat, rechnet zwar mit Differenzen über die Interpretation, und zwar sowohl zwischen USA und Irak als auch innerirakisch. Aber jeder Vertrag wird erst durch die Umsetzung mit Leben erfüllt und gedeutet.

Der Beschluss eines Referendums, als Konzession an die Sunniten im Parlament, mag wie ein unnötiger Umweg erscheinen, ist aber vielleicht gar nicht schlecht. Die nachhaltige Versöhnung der Gruppen braucht eine mühsame, breite Konsensbildung. Für Premier Nuri al-Maliki, der in letzter Zeit autokratische Züge zeigt, ist es eine therapeutisch wertvolle Geduldsprobe. Aber für die Iraker wird 2009 ein Monsterwahljahr: Provinzwahl, Referendum, Parlamentswahlen - und die US-Soldaten werden nicht mehr jede Wahlurne bewachen wie 2005.  (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 28.11.2008)