Brüssel/Neu-Delhi - Das Ausmaß der Terroranschläge von Bombay (Mumbai) hat Europas oberste Terrorbekämpfer überrascht. Die Fahnder hätten zwar eine Zunahme terroristischer Taten in Indien während der vergangenen Monate registriert, sagte der Anti-Terror-Koordinator der 27 EU-Staaten, Gilles de Kerchove, am Donnerstag. Wegen der eher kleinen und lokalen Aktionen habe man aber keine Warnung für Reisende aus Europa für nötig gehalten: "Das wurde bisher nicht als sehr große Gefahr angesehen", sagte Kerchove am Rande eines Treffens der EU-Innenminister in Brüssel. Die EU wolle nun die Beziehungen zwischen ihrer Polizeibehörde Europol und Indien wiederbeleben.

Hintermänner "außerhalb des Landes"

Indiens Premierminister Manmohan Singh sagte schon bei früheren Anschlägen, die Hintermänner befänden sich "außerhalb des Landes". Beweise führte er nicht an. Experten haben wiederholt auf die starke Unterwanderung des mächtigen pakistanischen Geheimdienstes ISI durch Islamisten aufmerksam gemacht. Im September bekannte sich eine Gruppe namens Indian Mujahedeen zu Anschlägen in Neu-Delhi, bei denen 20 Menschen ums Leben kamen. Diese Gruppe hatte bereits die Verantwortung für Anschläge mit 45 Toten im Juli in Ahmedabad übernommen. Auch als im Unionsstaat Assam im Oktober 80 Menschen durch Anschläge umkamen, bekannte sich eine Gruppe namens Indian Mujahedeen - mit dem Zusatz Islamic Security Force - dazu. Die Indian Mujahedeen kündigten im Mai in E-Mails an Medien an, sie erklärten der indischen Regierung wegen deren Zusammenarbeit mit den USA "den Krieg".

Anderung der Strategie

Die Korrespondentin der BBC schreibt in einer ersten Analyse von einer signifikanten Änderung der Vorgehensweise der Terroristen. Die Attacken vom Mittwoch würden sich in Methode und Ausmaß von den bisherigen Anschlägen unterscheiden. An der Vorgehensweise sei entweder eine Taktik-Änderung einer bestehenden Gruppe oder der Einfluss einer anderen Terror-Gruppe abzulesen.  Sollte Indien eine Verstrickung Pakistans in die Anschläge vermuten, könnte das zu diplomatischen Problemen führen. Dass Indien Pakistan verdächtigt, sei allerdings derzeit wenig wahrscheinlich, denn die Beziehungen zwischen den zwei Ländern sind weniger angespannt als in der Vergangenheit. (APA/AFP/dpa/red)