Wien - Christian Thielemann emotionalisiert. Manche im Publikum geraten offensichtlich schon beim Anblick seiner Stirnlocke in nackte Begeisterung. Zumindest ist der Jubel oft schon vor dem Konzert ähnlich stark wie danach. Das war auch am Dienstag so, als die Wiener Philharmoniker vor der Fortsetzung ihres Musikvereinsabos das Konzerthaus mit einem Besuch beehrten.

Gemeinsam mit dem Deutschen werden sie innerhalb von zwei Jahren alle Beethoven-Symphonien (Produktion: Unitel und ORF) festhalten. Wer sich davon keine irritierenden neuen Interpretationsansätze erwartet, sondern gediegenen Wohlklang, darf sich freuen.

Jetzt schon erklangen die Erste und Zweite außerordentlich blendend: glattpoliert, gerundet und mit größter Klangschönheit, die Beethoven in eher harmloser Sicht darstellte. Wenige störende Winzigkeiten und der eine oder andere veritable Bläserpatzer können sich, bis es mit den Aufzeichnungen Ernst wird, wohl noch legen.

Zwischendurch wurde die schöne Tradition der Philharmoniker, Solisten aus ihren eigenen Reihen zu beschäftigen, gepflegt: Konzertmeister Rainer Küchl, der mit dem nicht gerade geigenkompatibel ersonnenen Solopart von Schumanns d-Moll-Violinkonzert seine liebe Mühe hatte, warf dafür all seine vibrierende Inbrunst in die Waagschale. Auch er wurde recht ausgiebig gefeiert. (daen / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.11.2008)