Wien - Als im Oktober die Wiener Börse ihre Handelsregeln geändert und zum ersten Mal in ihrer Geschichte den Handel komplett gestoppt hat, waren Analysten und Investoren empört. Heute heißt es in Finanzkreisen zwar, die Aktionen seien ein "non-event" gewesen. Dennoch wächst die Sorge um den Kapitalmarkt.

Was Händlern - und vor allem internationalen Marktteilnehmern - sauer aufstößt ist das Verbot von Leerverkäufen ("short selling"). Bis zum 28. November darf bei Aktien von Erste Bank, Uniqa, Raiffeisen International und Wiener Städtischen kein short selling betrieben werden.

"Das hat dem Markt absolut geschadet" , sagt ein Händler zum STANDARD. Bemerkbar mache sich das in einem veritablen Rückgang beim gehandelten Volumen. Dort wo man nicht leer verkaufen könnte, würde man nicht investieren., heißt es. Das Engagement in Österreich werde daher von internationalen Investoren zurückgefahren. Durch das Fehlen dieser Liquidität schlage der ATX stärker aus als andere Indices.
Eingeführt wurde im Oktober auch, dass bei Kursänderungen in einem Papier von mehr als zehn Prozent, die Wiener Börse den Handel in diesem Wertpapier befristet oder bis auf Widerruf aussetzen kann.

"Österreich muss mit seinem Ruf am Kapitalmarkt jetzt aufpassen" , sagt der Händler. Der Kampf ums Geld sei im Moment nämlich enorm und durch Causen wie Bawag, Meinl, Immofinanz/Immoeast, Constantia Privatbank habe Österreich nicht nur ein Corporate-Governance-Problem, sondern müsse auch an seiner Reputation arbeiten. Nicht goutiert wird bei Investoren auch das "Hineinregieren in Unternehmen", wie es etwa Noch-Infrastrukturminister Werner Faymann bei der Post gemacht und geplante Postamtsschließungen einfach verschoben hat. (Bettina Pfluger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.11.2008)