Genf/Berlin - Die Kluft zwischen hohen und niedrigen Löhnen ist in Deutschland laut einer Studie zuletzt besonders stark gewachsen. Im Vergleich der Industriestaaten sei die Schere nur in Polen noch deutlicher auseinandergegangen, errechnete die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) in ihrem am Dienstagabend vorgelegten Globalen Lohnreport 2008/2009 (Global Wage Report). In Deutschland stiegen die Löhne insgesamt in den vergangenen Jahren besonders langsam.

Laut ILO lag die Lohnungleichheit etwa auch in den USA, Kanada oder Australien zwischen 2004 und 2006 höher als noch Mitte der 90er Jahre. Im Vergleich aller Länder habe sich die Kluft zwischen Spitzen- und Niedriglöhnen allerdings mit Abstand am stärksten in Argentinien vergrößert. Eine ähnlich deutliche Entwicklung sei in China oder Thailand zu beobachten, erklärte die ILO.

Andere Länder wie Österreich oder Frankreich schafften es dagegen der Studie zufolge, die Lohnungleichheit zu verringern. Auch Mexiko, Brasilien oder Indonesien gelang dies - wobei aber die Kluft etwa in Indonesien demnach immer noch viermal so groß ist wie in Deutschland. Während die Löhne der am besten verdienenden zehn Prozent dort im Schnitt 13,4 Mal so hoch ausfallen wie diejenigen der zehn Prozent am unteren Ende der Lohnskala, liegt dieser Quotient hierzulande mit 3,26 noch deutlich niedriger.

Geringer Lohnanstieg

In Deutschland stiegen auch die Löhne in den vergangenen Jahren sehr gering. So gab es für die Beschäftigten hierzulande zwischen 2001 und 2007 im Schnitt ein Lohnplus von 0,51 Prozent. In Frankreich lag das Plus ähnlich niedrig. Dagegen verbuchten einige Schwellenländer rapide Zuwächse. In China stiegen die Löhne im Schnitt um knapp 13 Prozent, in Russland sogar um etwa 14 Prozent.

Mit Blick auf die Reallöhne prognostiziert der Report für das kommende Jahr "schmerzhafte Einschnitte". Weltweit sei für 2008 ein Reallohnzuwachs von 1,7 und für 2009 von maximal 1,1 Prozent zu erwarten. In den Industrieländern sei nach einem für 2008 erwarteten durchschnittlichen Lohnplus von noch 0,8 Prozent im kommenden Jahr mit einen Rückgang um 0,5 Prozent zu rechnen.

Dieser folge auf ein Jahrzehnt, in dem die Löhne nicht mit der Wirtschaft Schritt gehalten hätten: Zwischen 1995 und 2007 seien die durchschnittlichen Löhne für jedes Prozent Wachstum der Weltwirtschaft nur um ein dreiviertel Prozent mitgewachsen. In Deutschland und anderen Industriestaaten lag dieser Wert sogar noch darunter. Für jedes Prozent Schrumpfen der Weltwirtschaft aber seien die Löhne gleich um gut eineinhalb Prozent gesunken. (APA)