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Das Parlamentsgebäude in Bukarest

Foto: Reuters/Christel

Bukarest - Wenn die Rumänen am kommenden Sonntag zu den Wahlen gehen, werden sie ihre gewählten Vertreter in ein Gebäude entsenden, das mit Fug und Recht eines der absonderlichsten in Europa genannt werden kann. Der Parlamentspalast (Palatul Parlamentului) in Bukarest ist nämlich mit 364.400 Quadratmetern nicht nur das flächenmäßig zweitgrößte Gebäude der Welt nach dem Pentagon in Washington, sondern auch das wichtigste Symbol der kommunistischen Diktatur von Nicolae Ceausescu.

Die Errichtung des Palastes wurde 1983 unter dem Namen "Haus des Volkes" (Casa Poporului) begonnen. Das Gebäude war als Apotheose auf Ceausescus Herrschaft angelegt und sollte mehrere öffentliche Institutionen beherbergen. Zum Palast führt ein schnurgerader Boulevard, heute "Bulevardul Unirii" (Boulevard der Einheit) genannt, dessen Bauten Beamtenwohnungen und Ministerien beherbergen. Um den Parlamentspalast herum wurde eine riesige Grünfläche angelegt.

Teil der Altstadt abgerissen

Für die monumentale Anlage mussten ein Teil der Bukarester Altstadt sowie dessen über 40.000 Einwohner weichen. Mit der Leitung der umfangreichen Bauarbeiten wurde die junge Architektin Anca Petrescu betraut, die nach der Wende als Abgeordnete der nationalistischen Großrumänien-Partei (PRM) in ihren Bau zurückkehrte.

Der Bauaufwand war immens, rund eine Million Menschen waren direkt oder indirekt an den Arbeiten beteiligt, die Arbeiter werkten in drei Schichten. Ceausescu, der in seiner Politik kommunistische Ideen mit einem rabiaten Nationalismus verband, ordnete an, dass ausschließlich Materialien aus Rumänien selbst verwendet werden durften. Es wurde sogar eine eigene rumänische Seidenraupenzucht aufgezogen, um nicht auf Textilien aus dem Ausland zugreifen zu müssen - während das einfache Volk darbte.

1.000.000 Kubikmeter weißer Siebenbürger Marmor bedecken die endlosen Gänge und riesigen Hallen des Palastes, überall hängen Kristallluster. Die Stahlbetonkonstruktion ist in einem sonderbaren Stilmix aus Stalin-Barock, Klassizismus und Neo-Renaissance gehalten.

Das "Haus des Volkes" war noch nicht fertiggestellt, als Ceausescu 1989 gestürzt wurde. Die neue Staatsführung verhängte zunächst einen Baustopp, jahrelang wurde über die weitere Verwendung des Monstrums debattiert. Doch schließlich entschied man sich, den Palast für die Volksvertretung zu nutzen. Sowohl das Abgeordnetenhaus als auch der Senat haben heute hier ihre Sitzungsräume. Dazu kommen eine Reihe von Sälen, die für Kongresse, Konzerte und diplomatische Ereignisse genutzt werden. (APA)