Bukarest - Während die internationalen Medien über den Einfluss der internationalen Finanzkrise auf Rumänien schreiben, scheint dieses Thema im Wahlkampf überhaupt keine Rolle zu spielen. Vielmehr stand in den vergangenen Wochen der Streit um die Erhöhung der Lehrergehälter um 50 Prozent im Vordergrund. Das Parlament hatte diese einstimmig beschlossen, doch die Regierung des liberalen Premiers Calin Popescu Tariceanu wehrt sich mit Händen und Füßen dagegen. Sie argumentiert, dass das Budget diese Belastung nicht ertragen könne - während die Opposition anderer Ansicht ist.

Die Chancen für Tariceanus Nationalliberale (PNL), weiterhin an der Regierung zu bleiben, stehen schlecht. In Umfragen sind sie mit 17-20 Prozent bloß an dritter Stelle hinter zwei Oppositionsparteien vertreten. Die Demokraten (PD-L), die Staatspräsident Traian Basescu nahestehen, liefern sich mit rund 32 Prozent ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit den von Ex-Außenminister Mircea Geoana geführten Sozialdemokraten (PSD), die bisher größte Parlamentspartei waren. Die PSD tritt diesmal auf einer gemeinsamen Liste mit der Kleinpartei der Konservativen (PC) von Medienzar Dan Voiculescu an.

"Saubermannpartei"

Ein weiteres zentrales Thema des Wahlkampfes ist die Korruption. Hier präsentieren sich vor allem die Demokraten, mit Ex-Premier Theodor Stolojan als Spitzenkandidat, im Gewand der "Saubermannpartei". Die international als Antikorruptions-Vorkämpferin bekannte Monica Macovei müsse erneut Justizministerin werden, das sei eine unbedingte Forderung der PD-L, sagte Vizeparteichefin Anca Boagiu kürzlich vor österreichischen Journalisten. Parteichef Emil Boc bezeichnete wiederum wiederholt die Sozialdemokraten, deren Politiker in zahlreiche Korruptionsfälle verwickelt sein sollen, als "Hauptgegner" bei den Wahlen, und nicht Tariceanus PNL.

Tatsächlich hat es die PSD gerade im Hinblick auf das Thema Korruption nicht leicht: Gegen mehrere ihrer führenden Politiker - darunter Ex-Premier Adrian Nastase - laufen Ermittlungen wegen Geschenkannahme und ähnlichen Vorwürfen. Das Abgeordnetenhaus hatte allerdings im August die Aufhebung der parlamentarischen Immunität von Nastase und Ex-Verkehrsminister Miron Mitrea verhindert. Die PSD lehnt indes jeglichen Korruptionsvorwurf gegen ihre Spitzenpolitiker ab und argumentiert, dass es sich um "politische Verfahren" handle.

Seit April 2007 regieren Tariceanus Nationalliberale in einer Minderheitskoalition mit der Ungarnpartei (UDMR), von außen gestützt durch die PSD. Die Vorgängerpartei der PD-L, die PD, hatte 2007 die Koalition verlassen. Die in den EU-Institutionen beliebte, von der PD aufgestellte Justizministerin Macovei war 2007 gemeinsam mit Innenminister Vasile Blaga (PD) nach Auseinandersetzungen mit Premier Tariceanu entlassen und anschließend die Koalition zwischen PNL und PD aufgelöst worden.

In den vergangenen Jahren hielten zudem die persönlichen Animositäten zwischen Staatspräsident Basescu und Premier Tariceanu Rumänien immer wieder in Atem. Der Regierungschef versuchte im Vorjahr sogar, Basescu seines Amtes zu entheben, weil dieser seine Kompetenzen überschritten und sich in Justiz und Regierungsarbeit eingemischt haben soll. Die dafür verfassungsrechtlich notwendige Volksabstimmung wurde im Mai 2007 allerdings zu einem Debakel für die Regierung und zu einem Triumph für den populären Basescu, der als Staatsoberhaupt bestätigt wurde.

Die Rumänen werden heuer erstmals in einem neuen Wahlsystem ihr Parlament wählen. Dabei votieren die Wähler für je einen Kandidaten für Abgeordnetenhaus bzw. Senat. In einer Mischform aus Mehrheits- und Verhältniswahlrecht werden anschließend die Abgeordneten bestimmt. Einzelparteien müssen für den Einzug ins Parlament eine Hürde von fünf Prozent überschreiten. Diese gilt jedoch nicht, wenn eine Partei mindestens sechs Sitze im Abgeordnetenhaus oder drei im Senat gewinnt. (APA)