Claudia Bandion-Ortner ist Andrea Kdolsky. Hoffentlich nicht. Aber es gibt doch erstaunliche Parallelen zur Regierungsbildung im Jänner 2007: Die SPÖ hat sich über den Tisch ziehen lassen, und die ÖVP hat eine lustige Quereinsteigerin.

Wolfgang Schüssel und Wilhelm Molterer waren damals sehr stolz: Schüssel auf die Reibungskraft, die entstand, als er Alfred Gusenbauer über den Tisch zog und die Ressorts festlegte; Molterer auf das Erstaunen, das er erzeugte, als er Kdolsky als neue Gesundheitsministerin präsentierte. Ja, da hat er sich was getraut, ungewöhnlich und originell war die Entscheidung, eine lustige Person war diese Kdolsky, auch ein Sinnbild für die inhaltliche und personelle Breite der Volkspartei.

Funktioniert hat das nicht. Kdolsky war schlichtweg überfordert, inhaltlich und mit der Amtsführung, und das öffentliche Bild, das von ihr gezeichnet wurde, war katastrophal - dank ihrer tatkräftigen Mithilfe. Für die ÖVP wurde Kdolsky eine Belastung. Molterer hat diese Entscheidung sicher bereut. Josef Pröll ist zu wünschen, dass es ihm mit Bandion-Ortner anders ergeht. Manche werden die neue Justizministerin als Richterin im Bawag-Prozess, in dem Helmut Elsner in erster Instanz zu neuneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt wurde, wahrgenommen haben.

Mehr Leute werden die 41-Jährige aus den "Seitenblicke"-Formaten des öffentlichen Fernsehens und der privaten Fernsehanstalten kennen. Das ist zwar nicht unbedingt eine Empfehlung, aber auch kein Hinderungsgrund. Die Frau ist nicht medienscheu, und Pröll wünscht sich für sein Team offenbar ein wenig Glanz und Glamour. Er weiß, wie wichtig in der öffentlichen Wahrnehmung die "Köpfe" sind, über die man redet.

Der Regierung fehlt der Glamour

Abgesehen von der etwas schrillen Richterin fehlt dieser Regierung der Glamour aber zur Gänze. Mit dem Abgang von Ursula Plassnik ist der ÖVP-Mannschaft auch der einzige Quergeist abhanden gekommen. Pröll wird über diesen Umstand erleichtert sein, das aber niemals zugeben. Die Führung des schwarzen Teams ist jetzt sicher leichter als vorher, und der lange Schatten eines Wolfgang Schüssel ist kürzer geworden.

Sonst hat Pröll ein durch und durch braves, nahezu biederes Team: Nikolaus Berlakovich wird ein anständiger Umweltminister sein, Reinhold Mitterlehner ein kompetenter Wirtschaftsminister, Michael Spindelegger ein bemühter Außenminister.

Was wirklich erstaunlich ist: dass im Finanzministerium gleich drei Leute sitzen werden, die von Finanzen wenig Ahnung haben - Pröll als zuständiger Minister und die beiden Staatssekretäre Andreas Schieder, rot, und Reinhold Lopatka, schwarz. Hoffentlich können sie delegieren.

Faymann: Verwalten statt Arbeiten

Geht es um Glanz und Glamour, würde Werner Faymann sagen: Eine Regierung ist zum Arbeiten da! Wo Pröll eine Bandion-Ortner in Stellung bringt, da setzt Faymann auf Doris Bures, die siebenmal loyal ist und dazu auch noch tüchtig. Die wird das Infrastrukturministerium schon schaukeln und nebenbei darauf achten, dass dem lieben Onkel Hans kein Stein aus der Krone fällt.

Sieht man sich das übrige Team auf der SPÖ-Seite an, könnte man meinen, dass Faymann mehr Wert auf das Verwalten als auf das Arbeiten legt: Ein Kassen-Mann für die Gesundheit, ein Gewerkschaftspräsident für das Soziale - da sind keine mutigen Neuerungen zu erwarten. Es wird ganz an Faymann und Pröll liegen, die Reformen, die im Regierungsübereinkommen ja nur ansatzweise angedeutet sind, einzufordern und umzusetzen.

Nur keinen Streit, worauf Faymann größten Wert legt, ist zwar ein guter Vorsatz, aber kein Programm. Davon werden sich keine Wähler und auch kein Heinz-Christian Strache beeindrucken lassen. (Michael Völker, DER STANDARD, Printausgabe, 25.11.2008)