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In einem hat sich Claudia Bandion-Ortner Mitte August ganz kräftig geirrt. "In einem Monat falle ich keinem mehr auf, dann will keiner mehr ein Foto von mir", sagte die Richterin, die kurz zuvor Helmut Elsner und Co. im Bawag-Strafprozess zu insgesamt mehr als 35 Jahren Haft (nicht rechtskräftig) verdonnert hatte.

Schnee von gestern. Ihren 41. Geburtstag Ende dieser Woche wird die Juristin aus dem Salzburger Tamsweg als designierte Justizministerin begehen - und mit den Ausläufern ihres letzten Jobs. Wer ihre Arbeitsweise (sehr strukturiert) kennt, weiß, dass die ehemalige Personalvertreterin der Richter die für Jahresende angepeilte schriftliche Ausfertigung des Bawag-Urteils noch möglichst eigenhändig erledigen will.

Die Causa Bawag hat die Tochter des einstigen Gerichtsvorstehers vonTamsweg und die Enkelin eines Richters (auch diverse entferntere Familienmitglieder sind Juristen) österreichweit bekannt gemacht. Während Beobachter des ein Jahr lang dauernden Verfahrens im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts (da hat Bandion-Ortner 2002 übrigens auch geheiratet, und zwar einen Kriminalbeamten) ihre Verhandlungsführung für sehr geduldig und souverän hielten, ätzten die anderen, die stets leutselige und bodenständige Richterin sei so etwas wie die "Barbara Karlich" des Gerichtssaals.

Die Strafsache Bawag hat nun aber auch die Politik auf sie aufmerksam gemacht. Schon 1999 hatte sich die Mutter eines kleinen Sohnes erste Sporen in einem auch politisch brisanten Fall verdient. Im Prozess gegen den Chef des einstigen roten Handelsriesen Konsum verurteilte sie Hermann Gerharter zu unbedingter Geld und bedingter Freiheitsstrafe. Das mag ihr, aus heutiger Sicht, den ersten Punkt bei den Schwarzen gebracht haben.

Dass die sie nun nach dem erstinstanzlichen Bawag-Prozess zur Ministerin machen, hat Bandion-Ortner, die sich selbst eher als liberal bezeichnen soll, nicht unbedingt verdient. Denn ihre fachlichen Fähigkeiten, ihr Umgang mit Menschen und ihr Einfühlungsvermögen erscheinen vielen, die sie kennen, ausreichend für das Amt der Justizministerin; doch die belohnende Berufung durch die ÖVP, die die Bawag einst zum Wahlkämpfen benutzt hatte, verleiht dem Aufstieg der exzessiven Brillen- und Brillen-Award-Trägerin (vergeben von der Optikerbranche) eine schiefe Optik. Politisch ist Bandion-Ortner ein unbeschriebenes Blatt. Der ideale Justizminister sei parteilos, sagte sie jüngst. Das jedenfalls ist sie. (Renate Graber/DER STANDARD, Printausgabe, 25.11.2008)