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Euphorische Liverpool-Anhänger beim Auswärtssieg der Reds gegen Chelsea an der Londoner Stamford Bridge im Oktober.

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Grafik 1: Einnahmen aus Merchandising und Lizenzen in den europäischen Topligen

Grafik 2: Durchschnittliche Einnahmen der insgesamt 116 Klubs im Vergleich

Wien - Die globale Finanzkrise wird auf den Fußball nicht ohne Auswirkungen bleiben. Besonders Sponsoring und Werbekundschaft werden angesichts  der in vielen Staaten nicht mehr verhinderbaren Rezession deutlich einbrechen. Einer Schweizer Studie zufolge im Schnitt um etwa 25 Prozent. Relativ stabil werden sich die Einnahmen aus den Fernsehrechten entwickeln, die entsprechenden Verträge laufen in fast allen Ligen noch einige Jahre - in Premier League und Serie A etwa bis 2010.

Inwiefern die Klubs von den Turbulenzen betroffen sein werden, wird in nicht geringem Ausmaß von den Strukturen der nationalen Fußballlandschaft bestimmt sein. In England etwa, wo sich viele Vereine mittlerweile im Besitz privater Investoren befinden, schlagen wirtschaftliche Probleme der Tycoons direkt auf deren Gebarung durch. Das musste zuletzt auch Chelsea London erfahren, wo Roman Abramowitsch den Gürtel deutlich enger schnallen lässt. 15 von insgesamt 25 Spielerbeobachtern wurden freigesetzt, darunter der deutsche Weltmeister Rainer Bonhof. Auch soll im kommenden Transferfenster die Börse der Londoner geschlossen bleiben, die beim russischen Unternehmer mit  870 Millionen Euro an Krediten in der Kreide stehen. In eine unsichere Zunkunft geht auch West Ham United mit seinem angeschlagenen isländischen Inhaber Björgolfur Gudmundsson, dem Hauptaktionär der kürzlich verstaatlicheten Bank Landsbanki. Manager Gianfranco Zola bekam Order, seinen Kader um ein Drittel einzudampfen.

Anders die Situation in Deutschland, wo ein Statut der Deutschen Fußball Liga (die sogenannte 50+1-Regel) den Profivereinen vorschreibt, beim Einstieg eines Investors die Anteilsmehrheit und die Entscheidungshoheit über die Vereinsgeschicke zu behalten. Die deutschen Klubs gelten mittlerweile als die gesündesten in Europa. Auch deshalb, weil es besser als anderswo gelungen ist, die Aufwendungen für Spielergehälter unter Kontrolle zu halten. Während in Deutschland rund 45 Prozent der Einnahmen darauf verwandt werden, sind es laut einer Studie der Beraterfirma Deloitte in England rund zwei Drittel.

Solide Finanzgebarung in der Vergangenheit macht sich nun jedenfalls umso mehr bezahlt. In Spanien, wo viele Klubs seit Jahren über ihre Verhältnisse leben, ist die Lage besonders angespannt. Auf 607 Millionen Euro belaufen sich allein die Steuerschulden der Profiklubs. Insgesamt werden die Verbindlichkeiten sogar auf 3 Milliarden geschätzt. "Ich habe wirklich Angst um den Fußball", sagt Finanzexperte Angel Barajas von der Universität Vigo. "Die Situation ist mittelfristig nicht mehr tragfähig."

Die Größe macht den Unterschied

Besonders prekär ist die Lage jedoch nicht für Giganten wie Real Madrid oder Barcelona, sondern für mittelgroße und kleinere Klubs - wiewohl die Katalanen bereits mit einer Reduktion der Kartenpreise auf die fallende Auslastung des Camp Nou reagiert haben. Sechs Vereine haben bereits den freiwilligen Gang in die Insolvenz als Ausweg gewählt, darunter die Zweitligisten Real Sociedad und Celta Vigo. Dieser Ausweg ermöglicht es den Funktionären die Kontrolle zu behalten, solange ein Businessplan vorliegt und vom gerichtlich eingesetzten Administrator auch akzeptiert wird.  Immer wieder wird jedoch der Missbrauch der Bestimmungen beklagt, da sich an der Spendierfreudigkeit der Verantwortlichen auch weiterhin nichts ändert.

Ein weiterer beliebter Notausgang ist allerdings versperrt. Der Verkauf von Immobilienbesitz stellt angesichts des Einbruchs des Wohnungsmarktes wie auch die Flaute im Bausektor, mit dem es auch personell viele Querverbindungen gibt, keine brauchbare Option mehr da.

Es ist jedenfalls durchaus wahrscheinlich, dass die Krise die Schere zwischen Arm und Reich auch im Fußball noch weiter aufgehen lässt, als dies ohnehin schon der Fall ist. Jene Klubs, die eine möglichst weltumspannene Zugkraft entwickeln, werden am besten mit ihr fertig werden. "Teams mit einer Verankerung auf dem indischen Subkontinent oder Südost-Asien sind aller Wahrscheinlichkeit nach am ehesten in der Lage, die Rezession ohne größere Erschütterungen zu überstehen. Sie könnten im Gegenteil ihre Position sogar stärken", sagt Simon Chadwick von der Universität Coventry.

Fans als Rettungsanker

Als ein wichtiger Stabilitätsfaktor könnte sich in diesen unsicheren Zeiten die Fanbasis der Vereine erweisen. Die Mitte November veröffentlichte erste Ausgabe des "European Football Merchandising Reports" macht jedenfalls deutlich, dass die aus dieser Quelle sprudelnden Wohltaten alles andere als einen Pappenstiel darstellen.  Die Vereine der sechs europäischen Topligen nehmen demnach mit Merchandising 615 Millionen Euro ein. Klar an der Spitze liegen die 20 englischen Premier-Ligisten mit 171 Mio. Euro Gesamteinnahmen. Dahinter folgen die Primera Division (145 Millionen) und die deutsche Bundesliga (127 Millionen). Die Serie A kommt mit bloß 64 Millionen noch hinter der französischen Ligue 1 erst an fünfter Stelle. Die niederländische Eredivisie generiert 22 Millionen (siehe Grafik 1).

Die Einnahmen verteilen sich jedoch beileibe nicht gleichmäßig unter den Klubs. Während die 20 erfolgreichsten Vereine im Schnitt 21, 2 Millionen lukrieren, muss sich der große Rest von 96 Klubs mit bloß zwei Millionen bescheiden (siehe Grafik 2). Das Potential für kleinere Vereine sei somit laut den Autoren noch lange nicht ausgeschöpft.

Als wesentliche Faktoren für erfolgreiches Merchandising identifiziert der vom Consulting-Unternehmen SPORT+MARKT gemeinsam mit der Firma PR Marketing publizierte Report sportlichen Erfolg, Größe des Heim-Marktes, Zahl der Fans im In- und Ausland sowie professionelle Merchandisingstrukturen."Fußball ist für Viele eine Leidenschaft - das gilt in wirtschaftlich harten Zeiten umso mehr. Wir erwarten nicht, dass die Leute sich hier einschränken. Sie werden den Gürtel anderswo enger schnallen", schätzt SPORT+MARKT-Vorstand Helmut Zastrow. Damit weiß er sich eins mit Rolf König, dem Präsidenten von Borussia Mönchengladbach. Der sagt: "Ich glaube, dass in Zeiten der Krise die Sehnsucht nach Fußball noch wächst."

Länderspezifische Eigenheiten tragen maßgeblich zu den unterschiedlichen Ergebnissen in den Ligen bei. Während italienische Tifosi generell weniger auf Fanartikel anspringen, sind in den Niederlanden und Deutschland die günstigeren Schals sehr beliebt. Die englische Trikotpolitik, den Leuten pro Saison mehrere hochpreisige Trikots anzudrehen, erweist sich als nicht beliebig kopierbarer Sonderfall. Für alle gilt jedoch: Viele Zuschauer bei Heimspielen sind entscheidend. Gerade der Fanartikelverkauf am Spieltag im Stadion ist für zahlreiche Klubs ein bedeutender Umsatzfaktor.

Hoffen auf größeres Hanappi

Zahlen für die österreichischen Bundesligisten sind nicht ganz leicht zu erhalten. Von den von derStandard.at kontaktierten Vereinen reagierten mit Rapid, dem LASK und Red Bull bis Redaktionsschluss nur drei - wobei die Salzburger jedoch nur mitteilten, nichts mitteilen zu wollen.

Die Hütteldorfer begannen im Oktober 2002 ihren eigenen Fanartikel-Verkauf, der Umsatz belief sich in der Saison 02/03 auf eine Größenordnung von rund 500.000 Euro. Dieser wurde bis zum letzten Jahr auf 2,5 Millionen gesteigert, damit trägt das Merchandising zum Gesamtbudget von zehn Millionen immerhin ein Viertel bei. Eine darüber hinausgehende Weiterentwicklung sei schwierig, solange es der Verein nicht dauerhaft schafft, sich im internationalen Geschäft zu etablieren. Mittelfristig hoffe man auf einen Ausbau des Hanappi-Stadions auf eine Kapazität von 30.000 Plätzen. (Michael Robausch - derStandard.at, 25.11. 2008)