Die Halle B auf dem Messegelände am Prater, Ort der Buch Wien 08 - 28 Stunden vor der Eröffnung warten die Regale in der 7000 Quadratmeter großen Halle darauf, mit Büchern gefüllt zu werden. Am Donnerstagmorgen öffnet die Messe ihre Pforten für das Publikum, vier Tage lang.

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Ein Wort mit vier Buchstaben, beginnend mit "B"? Richtig: Boot. Auf Englisch "Boat". Von 20. bis 23. November öffnet die Vienna Boat Show in den Wiener Messehallen C und D auf insgesamt 20.000 Quadratmetern für ein Wassersport-interessiertes Publikum. Wer sein Ticket schon heute im Internet bestellt, findet einen Hinweis: "Your ticket is also valid for the parallel event BUCH WIEN 08". Wer Boot sagt, sagt auch Buch. Denn die Buch Wien, Wiens erstmals veranstaltete Buchmesse, findet genau zeitgleich statt. Sie wird heute, Mittwoch, Abend eröffnet und dauert vom 20. bis 23. November. Nebenan, in der kleineren Halle B. Beide Ausstellungen werden von Reed Exhibitions organisiert.

Leider gilt die doppelte Gültigkeit der Tickets nicht für den Bücherfreund. Er hat aufzuzahlen, wenn er in die Vienna Boat Show zu wechseln gedenkt. Ein Schelm, wer hier bereits im Vorfeld den Versuch wittert, die Besucherzahlen der Buch Wien sanft nach oben zu korrigieren.

Vom Rathaus zur Messehalle

Sechzig Jahre lang hatten die Wiener Buchwochen im Rathaus, also die Vorgänger der Buch Wien, den Christkindlmarkt vor der Tür. Glühweindurchwärmt schritt man beschwingt - und gratis - über die neugotischen Flure, vorbei an der jährlichen Präsentation der österreichischen Verlage. Das vorweihnachtliche Datum war kein Zufall - konnten doch die ausgestellten Bücher in der angeschlossenen Buchhandlung bequem als Weihnachtsgeschenk erworben werden.

Der Wille zur größtmöglichen Förderung des Mediums Buch, der Versuch, in höherem Maß als bisher die Aufmerksamkeit potenzieller Leser zu wecken, motivierte denn auch die ehrgeizige Messe-Neugründung- Österreichs zweite in nur einem Jahr: Bereits im April hatte die Litera in Linz zum ersten - und vermutlich auch letzten - Mal die Pforten für das Publikum geöffnet. Monate später häuften sich die Klagen: Gelder für Lesungen und verliehene Preise waren nicht ausbezahlt worden.

Vorfälle, die bei der Buch Wien nicht zu befürchten stehen: War die Litera der riskante Ein-Personen-Versuch des Oberösterreichers Berthold Greif, wird die Buch Wien gemeinsam getragen von der Reed Exhibition und dem Hauptverband des Österreichischen Buchhandels (HVB). Zwei organisatorisch getrennte Teilbereiche haben sich aus den einstigen Buchwochen entwickelt: neben der Buch Wien die bereits am Montag eröffnete Lesefestwoche, Letztere vor allem gefördert und gestützt von der Stadt Wien und dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (BMUKK). Jeweils 50.000 Euro zahlen Bund und Stadt für die Lesefestwoche, weitere 15.000 Euro an Fördergeldern erhielt sie im Rahmen des "Jahrs des interkulturellen Dialogs". Die Buch Wien erhält als kommerzielle Veranstaltung zwar keine Subventionen, über "departure", eine "Initiative der Stadt Wien und Unternehmen des Wiener Wirtschaftsförderungsfonds", ein Förderinstrument für Unternehmen der Kreativindustrie, erhält die Messe 200.000 Euro zur Bewerbung ihrer Aktivitäten.

Nun müssten sich nur noch die nichtösterreichischen Verlage dazu entschließen, in Wien auszustellen. Wesentliches Argument für den Umzug aus dem Rathaus in die Messehallen, wo die Anreise für das Publikum mühsamer, der Eintritt nicht länger gratis ist, war die Ausweitung zu einer internationalen Schau. Ein Blick auf die Homepage der Buch Wien, die alle Verlage auflistet, ernüchtert. 107 der 271 Aussteller kommen zwar aus anderen Ländern (zum Vergleich: Die Frankfurter Buchmesse zählt 7300 Aussteller, jene in Leipzig 2200). Doch viele der Namen sind unbekannt. Wer kennt Beate Loraine Bauer - oder das GeraNova Bruckmann Verlagshaus? Nur wenige der großen deutschen Verlage reisten nach Wien, zumal zeitgleich die 49. Münchner Bücherschau stattfindet. Suhrkamp fehlt ebenso wie Rowohlt. Ein Anfang. Ein Gewinn? Zumindest für die Besucher der Vienna Boat Show. (Cornelia Niedermeier/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19. 11. 2008)