Der jüngere Bruder der Terrorverdächtigen Mona S., der offenbar die Justizwache im Wiener Landesgerichtlichen Gefangenenhaus in Furcht und Unruhe versetzt hat, gilt weiter als nicht vorbestraft. Richterin Beate Matschnig beendete am Freitag im Grauen Haus das Strafverfahren gegen den Studenten mit einer Diversion: Die auf gefährliche Drohung lautende Anzeige gegen den 19-Jährigen wurde trotz für das Gericht erwiesener Tatbestandsmäßigkeit unter Setzung einer zweijährigen Probezeit zurückgelegt.

Die Richterin begründete dies mit der bisherigen Unbescholtenheit des Angeklagten und seinem jugendlichen Alter. Sollte sich der 19-Jährige innerhalb dieser Frist nichts zuschulden kommen lassen, wäre die Sache damit für ihn erledigt. Sein Strafregister würde weiter keine Vormerkung aufweisen. Die Entscheidung ist allerdings nicht rechtskräftig. Staatsanwalt Hadmar Lang meldete dagegen "massive spezialpräventive Bedenken" an, eine Beschwerde der Anklagebehörde ans Oberlandesgericht erscheint damit wahrscheinlich.

Der Bruder von Mona S. (22), die sich derzeit an der Seite ihres Mannes Mohamed M. (23) wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung vor einem Schwurgericht zu verantworten hat, soll bei einem Häftlingsbesuch Ende März 2008 einen Justizwachebeamten erschreckt haben. Gemeinsam mit seinen zwei Brüdern und dem Vater hatte der Jugendliche den seit Mitte September 2007 in der U-Haft sitzenden Mohamed M. besucht.

Weil der Vater von Mohamed M. kaum Deutsch spricht, unterhielt sich dieser mit dem Terrorverdächtigen auf Arabisch - eine entsprechende gerichtliche Genehmigung lag vor, Gesprächsüberwachung gab es zu diesem Zeitpunkt auch keine mehr.

"Heast, redet's Deitsch!"

Dennoch soll ein Justizwachebeamter mit den Worten "Heast, redet's Deitsch!" Vater und Sohn dazu angehalten haben, sich für ihn verständlich zu unterhalten. Die Begleiter des älteren Mannes verwiesen auf die richterliche Erlaubnis, worauf ein Wort das andere gab und die Justizwache den Besuch schließlich abbrach, indem Mohamed M. auf nicht gerade sanfte Art von einem halben Dutzend Uniformierter aus dem Raum geschafft wurde.

Als der Bruder von Mona S. auf dem Gang jenem Beamten begegnete, der das veranlasst und Verstärkung angefordert hatte, soll er diesem laut Strafantrag beschieden haben, er möge "aufpassen, wenn er nach Hause geht". Er werde sich nämlich "sein Gesicht merken", der Beamte werde "die Strafe schon spüren".

Gefürchtet

Er habe sich gefürchtet, bekräftigte der 39-Jährige Beamte nun im Zeugenstand: "Das kann's nicht sein, dass ich beim Heimgehen hinter jeder Ecke nachschauen muss. Da beginnt man nachzudenken. Man arbeitet ja nicht in einer Zuckerbäckerei." Er habe die Drohung vor allem deshalb ernst genommen, "weil da steckt ja eine Organisation dahinter". Immerhin werde Mohamed M. vorgeworfen, sich für die al-Qaida betätigt zu haben, deutete der Mann mögliche Querverbindungen zum Schwager des Terrorverdächtigen an.

Sämtliche Justizwachebeamte, die zur heutigen Verhandlung geladen waren, wurden übrigens unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen vernommen. Sie warteten nicht - wie üblich - vor dem Saal auf den Beginn ihrer Befragung, sondern in der Sicherheitszone im Gefangenenhaus. Jeder Einzelne wurde erst auf einen telefonischen Anruf der Richterin hin von einem eigens abgestellten "Leibwächter" zur Verhandlung eskortiert.

Grund dieser Maßnahme: Nach der ersten Verhandlung gegen Monas Bruder soll es Ende Oktober seitens dessen Familie zu "massiven Beschimpfungen" in Richtung der Justizwache gekommen sein, verlautete dazu aus dem Grauen Haus. Die Angehörigen wiesen diese Darstellung vehement zurück. (APA)