Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel will allen Bundesbürgern in den kommenden drei bis vier Jahren einen schnellen und leistungsfähigen Zugang zum Internet ermöglichen. Die derzeitige wirtschaftliche Stagnation müsse genutzt werden, um die Infrastruktur so auszubauen, dass es dann in Deutschland flächendeckend Breitband-Internet-Verbindungen gebe, sagte die Kanzlerin am Donnerstag auf dem Dritten Nationalen IT-Gipfel in Darmstadt. Zudem könnten mit dem Ausbau der Breitbandnetze laut Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bis zu 250.000 Arbeitsplätze entstehen.

Basis

Eine gute Infrastruktur sei die Basis für einen starken Wirtschaftsstandort, betonte auch Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU). Dörfer und Kleinstädte müssten dabei ebenso gut erschlossen sein wie Ballungsräume. Auch auf Halligen und Berghöfen müssten die Menschen einen schnellen Zugang zum Internet haben, sagte Glos.

Ein Strategiepapier des Wirtschaftsministeriums, das zum IT-Gipfel veröffentlicht wurde, schlägt deswegen den Ausbau des leistungsstarken Glasfasernetzes sowie funkgestützter Breitbandnetze vor. Derzeit sind nach Angaben des Ministeriums etwa 98 Prozent der Haushalte Zugang zu einem Breitbandanschluss.

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom, René Obermann, verwies darauf, dass das bisherige Kupferkabel-Netz zudem schon bald nicht mehr ausreiche, um den rasant wachsenden Datenverkehr im Internet zu bewältigen. Er bezifferte den Investitionsbedarf in Deutschland auf 40 bis 50 Milliarden Euro für die nächsten zehn bis 15 Jahre, europaweit seien es etwa 300 Milliarden Euro. Die Industrie werde solche Milliardensummen jedoch nur investieren, wenn die unternehmerischen Risiken kalkulierbar seien und man in diesem Bereich auch Geld verdienen könne.

Deswegen sei die Politik gefordert. Gerade auf europäischer Ebene müssten bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden. Bisher gebe es jedoch eine Überregulierung durch die EU-Kommission, die das Augenmerk auf populäre Preissenkungen für die Verbraucher lege. Dies sei jedoch eine entscheidende Investitionsbremse. "Wir brauchen eine Regulierung, die nicht noch mehr Geld aus dem Markt nimmt", forderte Obermann.

Investoren zum Ausbau des Breitband-Netzes stünden bereit

Merkel signalisierte, dass sich die Bundesregierung in Brüssel weiter für eine weniger starke Regulierung des Telekommunikationsmarktes einsetzen werde. Die Investoren zum Ausbau des Breitband-Netzes stünden bereit, so dass sich die Kosten für den Staat voraussichtlich in Grenzen halten würden, sagte sie. Es gehe darum, spezifische klug gewählte Anreize zu setzen und Investoren für ihren Mut zu belohnen.

Merkel verwies darauf, dass die IT-Branche in Deutschland mit 150 Milliarden Euro im Jahr eine höhere Wertschöpfung habe als Autoindustrie oder der Maschinenbau. Es gehe darum, dieses "Pfund an Fachkompetenz" nicht aus der Hand zu geben und noch mehr junge Menschen für Berufe in der Branche zu gewinnen.

Der Präsident des Branchenverbandes BITKOM, August-Wilhelm Scheer, erklärte in Darmstadt, bislang sei die IT-Branche von der Wirtschaftskrise weitgehend verschont geblieben. Noch sähen zwischen 70 und 80 Prozent der Unternehmen keine negativen Folgen für ihr Geschäft. "Wir sehen deswegen auch keinen Anlass, nach einem öffentlichen Schutzschirm zu rufen", sagte Scheer mit Verweis auf die staatlichen Rettungspläne für Banken und Autoindustrie.

Mit dem Ausbau der Breitbandnetze könnten nach Berechnungen des BDI bis zu 250.000 Arbeitsplätze entstehen. "Hierzu sind richtige politische Weichenstellung von EU-Kommission sowie der Bund und Länder erforderlich", erklärte BDI-Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf. (APA/dpa)