Nestroy in Frage gestellt: Franzobel

STANDARD / Corn

Wien - Der Schriftsteller Franzobel wirft den Veranstaltern der Nestroy-Gala "Feigheit", "Eitelkeit" und "Metternich-Methoden" vor. Er war mit dem Verfassen der Moderatorentexte beauftragt worden - und lieferte eine Art Theraterrollen-Reigen ab. Doch Maria Happel wird am Donnerstag im Ronacher nur einen Bruchteil des Textes zu Gehör bringen: Sämtliche (sozial-)kritische Passagen wurden eliminiert. "Die Pointen, poetische Bilder, ironische Spitzen? Alles weg!", klagt der Autor in einem dem Standard übermittelten Statement.

In den letzten Jahren hatten sich Peter Vujica und David Schalko aufgrund von massiven Eingriffen in ihre Texte von der Veranstaltung distanziert. Daher sei Franzobel zwar skeptisch gewesen. "Man hat mir aber zugesichert, dass ich keine Zensur zu befürchten hätte. Also willigte ich ein." Wer sein Schreiben kennt, wisse, dass Lobhudeleien von ihm nicht zu erwarten sind.

In Franzobels Originaltext wird der Nestroy in Frage gestellt: "Ist das nicht (...) diese langweilige Theater-Weihnachtsfeier, ein Galaabend schamloser Selbstbeweihräucherung, wo sich alle in Komplimenten suhlen und alle auf die Bühne wackeln, ich bedanke mich bei den Spermien meines Vaters, ich danke den Eierstöcken meiner Mutter..."

Gestrichen wurde auch die Passagen über das Publikum ("das ganze Küss-die-Hand-Viertel, Habedieehre, so viel Botox, alle Lachfalten gelähmt, die üblichen Verdächtigen"), die Schauspieler, die "Champagner für die Menschenrechte trinken", und über das Burgtheater, das am meisten verdiene, wenn dort nicht Theater gespielt wird: "Vielleicht soll man es an eine große Fastfood-Kette verpachten: Burger-Theater". Bei Franzobel gibt es auch einen Nestroy für den besten siebten Zwerg von links: "Wie legst du ihn an? Hintergründig?" Und Hitler krallt sich nachträglich den Nestroy - für "seine Inszenierung des Heldenplatzes".

Juryvorsitzende Karin Kathrein verteidigt Happel: "Dass die Moderatorin sagt, das gefällt mir nicht, das ist verständlich." (Thomas Trenkler / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.11.2008)