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Hedgefonds-Manager haben sich wie Magier angepriesen. Statt Kaninchen wollten sie Gewinne in jeder Marktlage aus dem Hut zaubern. Die Strategie hält der Finanzkrise allerdings nicht stand.

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Die Versprechen waren groß. In jeder Marktphase könnten sie überdurchschnittliche Renditen erzielen, das Portfolio ihrer Kunden diversifizieren. Hedgefonds galten über Jahre hinweg als Finanzmagier, die Erträge aus dem Nichts zaubern konnten. Doch auch ihr Zylinder hat einen doppelten Boden. Denn nicht nur bei Politikern haben die Fondsmanager in den vergangenen Jahren viel Kritik auf ihre Geschäftsmodelle gezogen. Auch vonseiten der Anleger bekommen die Hedgefonds-Manager verstärkt Druck.

Anleger reagieren rasch

Die "Finanzzauberer" konnten im laufenden Jahr aber bei weitem nicht so glänzen, wie die Schlagzeilen erwarten haben lassen. Im Gegenteil: Hedgefonds wurden in den vergangenen Monaten regelrecht verprügelt. Im September und Oktober 2008 sind diese Fonds knapp zwölf Prozent gefallen. Seit Beginn des Jahres sind Hedgefonds gemessen am "Credit Suisse/Tremont-Index" - ein breit gestreuter Hedgefonds-Index - mehr als 15,5 Prozent gefallen. Angesichts eines Kursverlustes bei Aktien von 32 bis 40 Prozent zwar verhältnismäßig wenig; für eine Branche, die aber darauf abzielt, das Geld ihrer Kunden in jeder Marktlage zu vermehren, ist das noch immer ein sehr schwaches Resultat.

Die Anleger haben jedenfalls rasch auf die schlechte Performance der Branche reagiert. Die Hedgefonds-Industrie, die insgesamt 1,7 Billionen Dollar (1,3 Bio. Euro) verwaltet, hat nach Daten von Eurekahedge, einem Analysehaus in Singapur, im Oktober 100 Milliarden Dollar verloren. Allein 60 Milliarden stammen aus Mittelabflüssen.

Wie genau es um die Industrie bestellt ist, lässt sich aber nur schwer abschätzen. Denn: Die Fonds sind sehr restriktiv, wenn es um Investoren geht, die ihre Mittel abziehen wollen. Diese müssen oft mehrere Monate warten, ehe sie ihr Geld zurückbekommen. Und müssen zudem oft noch eine saftige Gebühr zahlen.

Auch wenn die genauen Zahlen unbekannt bleiben. Eines kann man jedenfalls sagen: Die Hedgefonds schrumpfen. Anleger, insbesondere institutionelle Investoren wie Pensionskassen oder große Versicherungen, sind nicht länger bereit, hohe Gebühren zu zahlen, wenn die Fonds in Krisenzeiten nicht ausreichend gut abschneiden.

Und eigentlich sollten viele der Hedgefonds mit dem momentanen Marktumfeld kein Problem haben. Die wohl bekannteste Hedgefonds-Strategie, Long-Short Equity (eine der wichtigsten Strategien von Hedgefonds: Durch Käufe und Leerverkäufe verschiedener Aktienpositionen wird versucht, eine von der Gesamtentwicklung des Aktienmarkts unabhängige Rendite zu erzielen), soll ja auch in schwierigen Marktphasen gute Renditen bringen. Denn die Fonds können sowohl long als auch short gehen, also von steigenden und fallenden Kursen bei Aktien gleichermaßen profitieren.
Doch die Fonds sind offenbar mit hohen optimistischen Positionen in die Krise gefahren. Nach Daten von Credit Suisse/Tremont haben Long-Short-Strategien seit Jahresbeginn knapp 20 Prozent verloren.

Neben der schlechten Performance ist in den vergangenen Monaten ein zweites, noch gravierenderes Problem in der Branche aufgetaucht: Viele Fonds sind in denselben Werten investiert. Wenn jetzt jedoch viele Fonds wegen den Mittelabflüssen von Kunden Positionen aufgeben müssen, fallen die Kurse von Aktien, die auch andere Fonds haben. Damit werden mehr Kunden unzufrieden, wollen ebenfalls das Geld aus dem Fonds abziehen und so beginnt eine Spirale fallender Kurse.

Spirale dreht sich schnell

Diese Verkaufsspirale erklärt unter anderem den derzeit starken Abwärtsdruck an den Börsen. Solange die Investoren aus den Hedgefonds heraus wollen und die Fonds ihre Positionen auflösen müssen, können sich die Kurse auch nicht nachhaltig erholen. Die Krise wird die Branche daher noch länger beschäftigen.

Die Investorenlegende George Soros befürchtete bei einer Befragung in Washington, dass die Hedgefonds-Industrie im kommenden Jahr um 75 Prozent schrumpfen könnte. Auch Analysten von Morgan Stanley sind pessimistisch eingestellt. Besonders europäische und asiatische Fonds hätten mit Abflüssen zu kämpfen. Bereits nächstes Jahr könnte die Branche so unter die Marke von einer Billion Dollar fallen - mehr als nur eine magische Grenze. (Lukas Sustala, DER STANDARD, Printausgabe, 20.11.2008)