Im "ältesten" Parlament der Welt gehört die Arbeit der Opposition seit dem 18. Jahrhundert zu den nobelsten Aufgaben der Demokratie. Ihr kommt im Geist der Aufklärung nicht nur das ständige Infragestellen, das Aufzeigen von sachlichen, politischen Alternativen, die Kontrolle der Mächtigen zu. Die Opposition sollte letztlich ständig darauf hinarbeiten, dass die Herrschenden von der ihnen verliehenen Macht wieder getrennt werden - sodass also eine Regierung am Ende gestürzt wird. Nirgendwo lässt sich dieses Prinzip schöner studieren als in England: Attacken gegen den Machthaber gehören dort zum guten Ton. Auch in den Medien. Nur mit diesem Wechselspiel, so die Philosophen Locke, Montesquieu, Voltaire, könnten die Ziele von Freiheit, Recht und liberaler Demokratie garantiert werden.

In Österreich scheint es umgekehrt zu sein. Hier kann es der Opposition gar nicht schnell genug gehen, dass die soeben mit Schimpf und Schande abgewählten Dauermachthaber wieder ins Amt kommen: Die Koalitionsverhandlungen stocken, SPÖ und ÖVP sind sich spinnefeind, das Verhandlungsergebnis ist bisher unter jeder Kritik - aber Eva Glawischnig ist vor allem über das "Herumlavieren" empört. Sie bietet aber nichts an, was eine andere Regierungsart ermöglichen würde. Im Gegenteil, sie sucht die Nähe von FPÖ und BZÖ. Heinz-Christian Straches FPÖ ist sowieso gegen alles, hat aber selber nichts zu bieten außer Ressentiment.

Nur das BZÖ weicht ab, bietet sich als Regierungspartner feil - leider ohne inhaltlich und personell interessante Perspektive. Derweil sehen die Bürger fünf bis zehn harten Jahren einer SP-VP-Koalition ins Auge. (Thomas Mayer, DER STANDARD, Printausgabe, 19.11.2008)