"Vom Genuss dieser Droge ist jedenfalls abzuraten", betont Franz Pietsch, nationaler Drogenkoordinator Österreichs. Durch Information soll das Risikobewusstsein bezüglich Spice gestärkt werden.

Foto: Standard/Fischer

Wien – "Entspanne deinen Geist, jederzeit, an jedem Ort ...", lautet der Slogan auf dem Plakat, das an der Ladentür klebt. Seit Ende Oktober boomt das Geschäft in Head- und Ethnoshops wie dem "Quer Beet" in der Lindengasse im siebten Wiener Gemeindebezirk.

Grund dafür ist nicht ein steigendes Interesse von Jugendlichen an Marihuana-Pflanzen oder Wasserpfeifen, sondern an "Spice", einer Pflanzenmischung, die als Entspannung angepriesen und als völlig harmlos dargestellt wird.

Raucht man die eigentlich als Räucherwerk dienende tabak- und nikotinfreie Mischung in Form eines Joints, versetzt sie den Konsumenten in einen länger anhaltenden Rauschzustand. "Harmlos ist es keinesfalls", meint Verkäuferin Eva Wohlgemut. "Ich habe es nicht ausprobiert, mir wurde gesagt, dass es primitiver als Haschisch ist."

Derzeit ist für Drogenexperten noch unklar, was die glänzenden Päckchen wirklich beinhalten. "Vom Genuss dieser Droge ist jedenfalls abzuraten", sagt Franz Pietsch. Der nationale Drogenkoordinator der Republik Österreich warnt, "denn Berichten von Konsumenten zufolge treten Halluzinationen und Angstzustände gar nicht so selten auf, was einer Marihuana-ähnlichen Wirkung zugeschrieben werden kann".

Der vom BZÖ dieses Wochenende angekündigte Entschließungsantrag zum Verbot von Spice kommt spät, der Prozess, der als "Ultima Ratio", so Pietsch, ein solches Verbot vorsieht, ist bereits Anfang November in Gang gesetzt worden. Drogenhilfseinrichtungen hatten zuvor verstärkt von problematischen Folgen aufgrund von Spice-Konsum berichtet – vor allem aus Oberösterreich und Burgenland.

Als Sofortmaßnahme wurde ein Abgrenzungsbeirat beauftragt, die Einstufung der Substanz nach dem Arzneimittelgesetz zu hinterfragen. "Da könnte man es sofort verbieten, wenn das Ergebnis eindeutig ist", sagt Pietsch. Zusätzlich beginnt ein Forschungsprojekt, das "mehr Klarheit schaffen soll".

Als "Ausweichdroge" benutzt

"Wir versuchen, dass das Alterslimit von 18 Jahren nicht unterschritten wird, doch es ist auch unter Minderjährigen sehr beliebt", erzählt Wohlgemut. Während in Österreich und Deutschland Spice noch legal zu kaufen ist, gibt es bereits europäische Staaten wie die Schweiz, in denen das Kräutergemisch als Suchtmittel verboten ist.

Gerade dadurch, dass Jugendliche leicht Zugang zu der sogenannten "Biodroge" finden, wird sie zum Ersatz für Haschisch und andere illegale Rauschgifte. "Die Kräutermischung wird häufig als Ausweichdroge konsumiert", wie zum Beispiel von Zivil- und Präsenzdienern, "die Drogentests unterzogen werden, da diese nicht anschlagen", sagt Wohlgemut.

Vertrieben im Internet

Gekauft wird die aus England stammende Mischung aus verschiedensten Extrakten nicht nur in sogenannten Ethnobotanik-Läden, sondern vielfach im Internet, wo der Eindruck erweckt wird, dass Spice ein pflanzlicher und somit ein ungefährlicher Wirkstoff sei.

Spice ist schon rein konsumentenrechtlich problematisch, denn es ist keineswegs geklärt, ob der Inhalt der verkauften Päckchen jedes Mal der gleiche ist. Viele Jugendliche unterschätzen zudem die Wirkung der durch das Anzünden freiwerdenden Gifte.

Angesichts dessen und der zunehmenden Nachfrage nach Spice setzt das Gesundheitsministerium auf Prävention, um das Risikobewusstsein dafür stärker zu entwickeln. Nicht nur Jugendliche, sondern auch ihr soziales Umfeld zu Hause und in der Schule soll rechtzeitig über diesen Trend informiert werden, um darauf reagieren zu können.

"Verbote allein lösen das Problem nicht", betont Pietsch. Der Experte, der mitunter an der EU-Drogenpolitik mitwirkt, stellt jedoch klar: Gesundheitsschädliche Folgen können nicht nur nicht ausgeschlossen werden, von solchen muss sogar ausgegangen werden. (Selina Thaler/DER STANDARD, 18.11.2008)