Das nennt man Chuzpe: "Wir sind sicher in Afghanistan, und wir brauchen nicht Hamid Karsais Angebot für ein sicheres Geleit", sagte einer der Taliban-Führer und wischte das Angebot des afghanischen Präsidenten für Gespräche vom Tisch. Man kann es auch Realitätssinn nennen. Sieben Jahre nach dem Sturz ihrer Regierung durch einen Luftkrieg der USA können die radikalislamischen Taliban in ihrem Land fast so schalten und walten, wie sie wollen.

Karsai, der von Washington installierte Präsident, hat Omar Mullah zu Verhandlungen eingeladen, aber selbst wohl kaum geglaubt, dass der Chef der Taliban nun aus seinem Versteck auftaucht. Ein Signal an Gemäßigtere unter den Taliban sollte es sein, dass die Regierung bereitsteht, um hier und da Frieden mit Aufständischen zu schließen. Gespräche zwischen Karsais Vertretern und den Taliban hat es ja schon gegeben - vergangenen September in Mekka.

Es ist Zeit für einen Politikwechsel in diesem unendlich komplizierten Krieg. Militärisch gewinnen ihn die USA und die anderen Nato-Staaten auch in den nächsten sieben Jahren nicht, außer der Boden tut sich auf und verschluckt die Taliban samt ihren immer neu rekrutierten Anhängern. Weder Karsais Gesprächsangebote noch die Truppenverstärkung, die der neugewählte US-Präsident ankündigte, sind für sich genommen die Lösung für Afghanistan.

Ein Politikwechsel muss drei Punkte erfüllen: Die Afghanen brauchen eine Regierung, die die Korruption bekämpft;die Nato muss ihren internen Streit über den Einsatz überwinden; Pakistans Stammesgebiete an der Grenze zu Afghanistan brauchen eine umfassende Aufbauhilfe, um sie aus dem Würgegriff der Taliban zu befreien. (DER STANDARD, Printausgabe, 18.11.2008)