Josef Pröll hatte die Antworten bis Donnerstag erwartet, Werner Faymann antwortete überraschenderweise aber schon am Montag.

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Wien - SPÖ-Chef Werner Faymann hat die von der ÖVP an ihn gerichteten zehn Fragen zur Fortsetzung der Koalitionsverhandlungen in nicht einmal 24 Stunden beantwortet. In einem Schreiben an ÖVP-Obmann Josef Pröll berichtet der SP-Kanzlerkandidat, dass bei der Steuerreform und der Familien-Entlastung ohnehin bereits Einigungen in den Gesprächen mit der Volkspartei erfolgt seien. Dazu kommt ein Bekenntnis zur EU sowie zu einem geänderten Quoten-System bei der Zuwanderung.

Recht detailliert ist Faymann, was die Entlastung der Familien angeht. Der SPÖ-Chef spricht von einer deutlichen Erhöhung des Kinderabsetzbetrages, der Einführung eines Kinderfreibetrages sowie von einem Bekenntnis zur steuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten. Zusätzlich soll die Übernahme von Kinderbetreuungskosten durch den Arbeitgeber steuerlich begünstigt werden.

In der Pensionsfrage setzt Faymann statt auf eine Automatik auf ein "langfristiges Monitoring". Dieses biete der Politik die Grundlage zu handeln, wenn Bedarf bestehe. Ein deutliches Bekenntnis gibt es zur österreichischen EU-Mitgliedschaft. Als Ziel wird die EU-Erweiterung durch Kroatien sowie "weitere Nachbarn am Balkan" angegeben.

Expertengruppe zur Verwaltungsreform

In seinem siebenseitigen Schreiben kündigt SP-Chef Werner Faymann unter anderem die Einrichtung einer Expertengruppe zur Verwaltungsreform ein. Diese Gruppe aus Ministerien, Landeshauptleuten und Experten soll die Vorschläge des Rechnungshofes zur Beseitigung von Doppelgleisigkeiten prüfen. Außerdem bekennt sich Faymann, wie von ÖVP-Chef Josef Pröll gewünscht, dazu, staatsnahe betriebe "marktwirtschaftlich weiterzuentwickeln", pocht aber gleichzeitig auf die flächendeckende Versorgung mit Dienstleistungen (etwa der Post).

Faymann geht davon aus, dass Pröll - der "sehr geehrte Herr geschäftsführende Bundesparteivorsitzende" und "liebe Josef" - die Koalitionsgespräche nun wieder aufnimmt: "Diese Antworten sollten Basis für unsere weiteren Gespräche sein", heißt es am Ende des "mit besten Grüßen Werner Faymann" gezeichneten Schreibens.

Am mit der ÖVP vereinbarten Budgetplan will Faymann festhalten: "Alle Effizienzpotenziale müssen ausgeschöpft werden", heißt es im Brief an Pröll: "Dies betrifft auch den Personaleinsatz im öffentlichen Dienst." Das gesamtstaatliche Defizit soll im kommenden Jahr nicht über 2,2 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen, 2010 auf maximal 2,9 Prozent steigen und danach wieder sinken. Insgesamt wird ein "über den Konjunkturzyklus ausgeglichener Haushalt" angestrebt. Dieses Ziel verfolgten auch schon die vergangenen Regierungen, konnten es aber nicht erreichen.

Höherer Kinderabsetzbetrag

Bei der Steuerreform, wo es laut Faymann bereits am Freitag eine Einigung mit der ÖVP gab, solle der Mittelstand "überdurchschnittlich hoch" profitieren. Aber auch für Besserverdiener soll es laut Faymann etwas geben: "Eine Entlastung soll allen SteuerzahlerInnen zu gute kommen, bei der höchsten Einkommensgruppe aber gedeckelt werden." Konkrete Details nennt der SP-Chef für Familien: Sie sollen durch einen höheren Kinderabsetzbetrag, einen neuen Kinderfreibetrag sowie die steuerliche Förderung der Kinderbetreuung profitieren.

Den Krankenkassen sagt Faymann eine weitgehende Entschuldung zu, fordert aber auch Strukturmaßnahmen: "Das negative Reinvermögen der Krankenversicherungsträger soll unverzüglich abgebaut werden. Dieser Abbau wird an eine erhöhte Organisationseffizienz und neue Verteilungsmodelle unter stärkerer Berücksichtigung von Strukturfragen geknüpft." Außerdem sollen die "gesetzlichen Rahmenbedingungen" angepasst werden, damit die Kassen Einnahmen und Ausgaben in Einklang bringen können. Was das konkret bedeutet, sagt Faymann nicht.

Pensionsmonitoring

Zur Sicherung des Pensionssystems schwebt dem SP-Chef ein Pensionsmonitoring vor, auf dessen Grundlage die Politik handeln soll. Diese Einigung mit der ÖVP war bereits vorige Woche durchgesickert, die "Pensionsautomatik" wäre damit vom Tisch. Außerdem soll die Harmonisierung der unterschiedlichen Pensionssysteme bei Landes- und Gemeindebediensteten vorangetrieben werden.

Für die Verwaltungsreform soll es eine Expertengruppe geben, die die im Vorjahr vom Rechnungshof aufgezeigten Sparpotenziale prüfen soll. Gespart werden soll u.a. durch "shared-service"-Konzepte (z.B. einheitliche Telefonie des Bundes) und beim Personal. Vorantreiben will Faymann auch die Haushaltsrechtsreform, die eine "wirkungsorientierte Verwaltungsführung" und Leistungs-Vorgaben für die Ministerien bringen soll. Die von der Wirtschaft zu tragenden Verwaltungskosten sollen bis 2010 wie geplant um 25 Prozent sinken.

Quotensystem bei der Zuwanderung

In der EU-Politik bekennt sich Faymann "uneingeschränkt zum europäischen Einigungswerk, zur Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union und zu einer aktiven Rolle Österreichs bei der Weiterentwicklung des europäischen Integrationsprozesses" sowie zum EU-Beitritt Kroatiens. Abgehen will Faymann vom Quotensystem bei der Zuwanderung. Künftig sollen z.B. die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft und die "zu erwartende Integrationsfähigkeit" stärker berücksichtigt werden.

Pröll: Antworten "substanzieller Fortschritt"

ÖVP-Obmann Josef Pröll ist mit der Beantwortung seiner zehn Fragen durch den SPÖ-Vorsitzenden Werner Faymann recht zufrieden und erachtet weitere Gespräche mit den Sozialdemokraten als "sinnvoll". Das gab er Montagabend in einer schriftlichen Mitteilung bekannt. Die rasche Antwort der SPÖ zeige, dass diese den Ernst der Lage erkannt habe. Insgesamt seien die Antworten "ein substanzieller Fortschritt" und ein "konstruktives Signal des guten Willens".

In einer Reihe von Punkten gebe es allerdings weiteren Klärungs- und Gesprächsbedarf, erklärte Pröll. So deute Faymann zwar eine grundsätzliche Absage an die SPÖ-Schuldenpolitik an, das aber zu vage. Diesen Grundsatz gelte es jetzt in weiteren Gesprächen konkret festzumachen. Gleiches gelte beispielsweise bei der Frage der Pensionssicherung, hier sei der Verweis auf ein langfristiges Beobachten "ein nicht zu akzeptierendes Verschieben der Probleme in die Zukunft". Schließlich bleibe auch in der EU-Debatte die Frage Volksabstimmung ein "weißer Fleck".

"Einschwenken auf ÖVP-Position"

Zufrieden zeigte sich der VP-Chef mit dem "Einschwenken" der SPÖ auf ÖVP-Positionen bei der Steuerentlastung sowie zur Entlastung der Familien mit Kindern. Die Sozialdemokraten würden sich sich nun zu einer Steuerreform bekennen, die ohne Einkommensbeschränkung Entlastung für alle Steuerzahler bringe und niemanden ausgrenze. Ebenso liege nun ein Bekenntnis zur Einführung eines Kinderfreibetrages, zur Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten sowie zur Erhöhung des Kinderabsetzbetrages vor, womit langjährige Forderungen der VP realisiert werden könnten.

Knackpunkt EU

Keine Einigung gibt es in der Frage von Volksabstimmungen über EU-Verträge. Pröll bleibt im Interview mit dem Standard beim strittigen Thema hart: Er will dezidiert die Möglichkeit von EU-weiten Volksabstimmungen ins Koalitionsprogramm schreiben. Die von der SPÖ geforderten nationalen Abstimmungen lehnt er weiter ab. (APA, red)