Aus Sicht der SPÖ läuft alles gut. Jetzt bräuchte es nur noch eine Regierung. Aber die wird ihnen im Augenblick von der ÖVP verweigert. Josef Pröll, derzeit noch designiert, hat in knapp zwei Wochen einen Parteitag zu bestehen, bei dem er auch gewählt werden muss. Gegenüber Werner Faymann versucht er sich als starken Mann zu darzustellen, der jetzt auf den Tisch haut.

Was aus Sicht der SPÖ gut läuft: Die Umfragewerte der Partei steigen, und die von Werner Faymann steigen ebenfalls. Was von der ÖVP als übler Populismus verdammt wird, nehmen die eigenen Anhänger als Akt der politischen Handlungsfähigkeit wahr. Gegen die Schließung von Postämtern aufzutreten, da hat Faymann auch die roten Landeschefs auf seiner Seite. Irritierende Zwischenrufe gibt es in der SPÖ derzeit nicht. Es scheint, als hätte Faymann in der Partei derzeit alles im Griff.

Ganz anders in der ÖVP: Josef Pröll wird mit guten Ratschlägen eingedeckt. Allerdings will jeder etwas anderes. In der ÖVP herrscht eine wilde Kakofonie,und das stärkt nicht Prölls Position. Auch das geneigte Publikum wird unruhig: Das Herumtaktieren Prölls ermüdet. Wenn sich der ÖVP-Chef nicht bald für etwas entscheidet, dann beschädigt er auch seine eigene Position.
Faymanns Problem: Er ist auf Pröll angewiesen. Ohne ÖVP läuft nichts. Das ist Prölls Faustpfand. Er kann den Regierungseintritt der ÖVP teuer verkaufen. Oder er soll zudrehen, wenn es ihm ernst ist, wenn er wirklich glaubt, mit Faymann gehe es nicht. Je länger Pröll allerdings alles in Schwebe hält, umso unglaubwürdiger wird er.(Michael Völker, DER STANDARD, Printausgabe, 17.11.2008)