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Martine Aubry tritt gegen Ségolène Royal an

Foto: AP/Euler

"Wir haben kein Problem, wir haben nur eine Schwierigkeit" , stammelte am Sonntag ein erschöpfter François Hollande gegen drei Uhr in der Früh. Der abtretende Parteichef hatte es trotz wiederholter Appelle und intensiver Verhandlungen hinter den Kulissen nicht geschafft, seine Nachfolge zu regeln. Sein letzter Kongress war ein einziges Fiasko: Statt als geschlossene Linksopposition gegen Präsident Nicolas Sarkozy präsentiert sich der Parti Socialiste (PS) weiterhin richtungs- wie führungslos.

Ségolène Royal, die frühere Präsidentschaftskandidatin, erntete beim Parteitag in Reims zahlreiche Pfiffe von Delegierten, als sie in ihrer Rede von "Zärtlichkeit" und "Liebe" zwischen Parteimitgliedern oder der "Heilung" der Partei sprach. Umso mehr Applaus erhielt dafür die Bürgermeisterin von Lille, Martine Aubry, die vorzugsweise die Worte "Arbeiter" und "Gewerkschaften" benutzte und eine "klare Verankerung auf der Linken" verlangte.

Nach ihrem erfolgreichen Auftritt erklärte Aubry gleich ihre Kandidatur für den Parteivorsitz. Royal verließ die Verhandlungen hinter den Kulissen hingegen mit gespieltem Zorn, um sich als "Erneuerin" gegen den Parteiapparat zu inszenieren.

Der halboffizielle Kandidat der Parteileitung, der Pariser Bürgermeister Bertrand Delanoë, zog seine Kandidatur hingegen zurück. Offen tat der homosexuelle Pariser Bürgermeister seine "Enttäuschung" über das personelle Hickhack kund. Er weigerte sich aber seinerseits, seinen Anhängern - etwa ein Viertel der Mitglieder - eine Stimmempfehlung für Aubry oder Royal zu geben.

Mit dem Außenseiter Benoît Hamon kandidiert hingegen doch noch ein dritter Sozialist. Der Newcomer vom linken Parteiflügel hat indessen kaum Wahlchancen, und es würde nicht überraschen, wenn er sich noch zugunsten von Aubry zurückziehen würde.

Die Entscheidung müssen nun die 233.000 eingeschriebenen PS-Mitglieder am Donnerstag in einer Urnenabstimmung fällen. Sie haben in der Vorwoche bereits über die Programme der Kandidaten abgestimmt. Royal erhielt dabei zwar noch die meisten Stimmen, mit 29,5 Prozent jedoch keine tragfähige Mehrheit. (Stefan Brändle aus Paris/ DER STANDARD, Printausgabe, 17.11.2008)