Im Zuge der Koalitionsverhandlungen hat das von Wilhelm Molterer (VP) geführte Finanzministerium in aller Stille auch einen Reformentwurf für ein neues Glücksspielgesetz ausgesandt. Diese würde die Branche total umkrempeln: So soll es für große Automatensalons nur mehr Konzessionsnehmer geben, die mindestens 50 Mio. Euro  Stammkapital haben müssen. Der einzige, der das erfüllen kann, ist der Novomatic-Konzern.

Foto: Casinos Austria

Wien - Der lange erwartete große Wurf für eine Neuordnung des Glücksspielwesens kam unauffällig inmitten der Koalitionsverhandlungen. Und wirft das jetzige System komplett über den Haufen: Der soeben von Finanzminister Wilhelm Molterer ausgesandte Gesetzesentwurf sieht für das Automatengeschäft mit limitierten Einsätzen („kleines Glücksspiel") eine bundesweite Konzession vor, wenn in einem Salon mehr als 15 Geräte stehen.
Wer sich am Verfahren beteiligt, muss ein Stammkapital von 50 Mio. Euro vorweisen und zudem einen Haftungsbetrag von zehn Mio. Euro vorweisen. In der Branche macht man keinen Hehl daraus, das für derartige Summen lediglich der Novomatic-Konzern in Frage kommt. Sie hat mit Ex-Vorstand Johannes Hahn (ÖVP) und Aufsichtsrat Karl Schlögl (SPÖ) beste Verbindungen zur Regierung.

Branche wenig glücklich

Die Branche - in Österreich gibt es mehr als 2300 Betreiber des „kleinen Glückspiels" - ist alles andere als glücklich: Für Samstag wurde eine Krisensitzung des Automatenverbands anberaumt. „Die Existenz unserer Mitglieder ist akut bedroht", meint Verbandschef Helmut Kafka im Gespräch mit dem Standard. „Das ist ein Versuch, mit brutalsten Mitteln den Wettbewerb zu verhindern", wettert der Branchensprecher. Für derartige Eingriffe gebe es „keine Rechtfertigung".
Im Finanzministerium begründet man den Vorstoß mit dem erhöhten Spielerschutz und der Beseitigung von Rechtsunsicherheit. Letztere ist tatsächlich gegeben: Während das „kleine Glücksspiel" in Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg verboten ist, gelten der Süden und Osten als Eldorado für Gambler.
Mit dem Gesetz würde nun der Bund die Materie an sich ziehen und eine einheitliche Regelung treffen, was in einigen Bundesländern bereits für Aufregung sorgt, die laut Entwurf bei der Festlegung der Standorte nur ein Anhörungsrecht haben. Mit der Reform verbunden ist auch eine bundesweite „Automatensteuer" von 25 Prozent. Angenehmer Nebeneffekt: Molterer kalkuliert mit Mehreinnahmen von 130 bis 150 Mio. Euro. Diese sollen direkt fließen, indem die Geräte mit dem Rechenzentrum des Ministeriums verkabelt werden. Laut Schätzungen setzen die Österreicher mehr als eine Mrd. Euro jährlich auf Fortuna.

Keine Freude bei den Pokerspielern


Ebenfalls keine Freude mit dem Vorstoß hat die große Fangemeinde der Pokerspieler. Sie werden - trotz gegenteiliger höchstgerichtlicher Entscheidungen - als Glücksspieler definiert und unterliegen damit der Monopolgesetzgebung sowie einer 16-prozentigen Abgabe. Ausnahmen gibt es für „kleine Ausspielungen in Turnierform zum bloßen Zeitvertreib", der Einsatz darf zehn Euro nicht übersteigen.
Dick kommt es nach Molterers Plänen auch für die Internetanbieter. Ganz nach den Vorstellungen der Casinos Austria und ihrem Online-Monopolisten Win2day sind Online-Glücksspiele weiterhin verboten. Hinzu kommt ein Verbot für Finanzdienstleister - Banken und Kreditkartenfirmen - die notwendigen Geldtransaktionen durchzuführen. Wie das funktionieren soll, darüber wird in der Branche gerätselt. Kafka plädiert für eine Verlängerung der Begutachtungsfrist, die am 4. Dezember enden soll.
Auch die Online-Anbieter wettern: Bwin-Rechtsanwalt Thomas Talos hält die Neuregelung angesichts mehrerer Gerichtsurteile, die das Verbot von Online-Spielen als EU-rechtswidrig erkannt haben, für untauglich. „Wir sind jetzt legal und werden es auch in Zukunft sein", meint der Experte. Eine Regulierung der Internet-Anbieter in Form von Lizenzvergabe nach britischem Vorbild hielte er für adäquat. (Andreas Schnauder, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 15./16.11.2008)