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Hier das offizielle Logo der Präsidentschaft, das am Mittwoch in Prag vorgestellt wurde.

Foto: REUTERS/David W Cerny (CZECH REPUBLIC)

Sie kann auch so verstanden werden: Europa wird noch schön schauen.

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„Wir werden es Europa versüßen." Mit diesem Slogan seiner historischen ersten EU-Ratspräsidentschaft ab 1. Jänner 2009 wollte Tschechien eigentlich signalisieren, dass auch ein kleines Land mit seiner spezifischen Note zum europäischen Gesamtgeschmack beitragen kann.

Doch Kritiker nicht nur aus den Reihen der sozialdemokratischen Opposition meinten schon bei der Präsentation des Fernsehspots im Sommer, die Botschaft könnte im übrigen Teil der Europäischen Union wegen ihres möglichen ironischen Untertons missverstanden werden. Im übertragenen Sinn kann sie nämlich auch bedeuten: Europa wird noch schön schauen.
Die letzten Tage und insbesondere das Verhalten von Tschechiens Präsident Václav Klaus während seines jüngsten Irland-Besuchs scheinen die Bedenken zu bestätigen. Nicht nur dass Klaus den Führer der Kampagne gegen den EU-Reformvertrag traf und damit die irische Regierung vor den Kopf stieß, er hat auch seinen Regierungschef Mirek Topolánek als künftigen Ratspräsidenten in Bedrängnis gebracht.

Prags lauteste Stimme

Auch wenn in Tschechien in außenpolitischen Fragen offiziell die Regierung das Sagen hat, könnte angesichts ihrer innenpolitischen Schwäche - sie verfügt über keine eigene Mehrheit im Abgeordnetenhaus und muss regelmäßig um ihr politisches Überleben kämpfen - letztlich der europakritische Präsident Václav Klaus die einzige wahrnehmbare Stimme Prags in den kommenden sechs Monaten werden. Klaus würde damit dem tschechischen EU-Vorsitz praktisch widerspruchslos seinen Stempel aufdrücken.

Klaus selbst hat übrigens vor einigen Wochen erklärt, die EU-Präsidentschaft habe heute keine praktische Bedeutung, da innerhalb der Union letztlich nur die großen Mitgliedsländer die Richtung vorgäben. Es scheint, als ob sich der Staatspräsident dabei der Unterstützung einer großen Mehrheit seiner Landsleute sicher sein kann. Gemäß einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts CVVM, die vor wenigen Tagen veröffentlicht wurde, halten fast drei Viertel der Tschechen die Ratspräsidentschaft für uninteressant.

Premier Topolánek, Chef der rechtsliberalen Demokratischen Bürgerpartei (ODS), deren Ehrenpräsident Klaus nach wie vor ist, sieht sich somit kurz vor der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft mit einem weiteren Problem konfrontiert. Neben den Querschüssen von Klaus steht in Tschechien immer noch die Ratifizierung des Lissabon-Vertrags an. Am 25. November soll es vor dem tschechischen Verfassungsgericht dazu eine Anhörung geben. Der Präsident wird sich die Gelegenheit wohl nicht entgehen lassen, vor den Richtern seine europakritischen Ansichten zu präsentieren. Schon die Verschiebung der Anhörung, die Klaus selbst wegen seiner Irland-Reise beantragt hatte, macht es unmöglich, die Ratifizierung des Vertrags durch beide Kammern des Parlaments bis Jahresende zu schaffen.
Je weniger sich jedoch Topolánek traut, Klaus anzugreifen, umso deutlicher tun das seine Koalitionspartner. So meinte Bildungsminister Ondrej Liška von den Grünen, dessen Partei in der Regierungskoalition eine sehr europafreundliche Haltung einnimmt, wörtlich: „Mit seinen europhoben Ansichten arbeitet Klaus gegen die Regierung. So wie er während der Wahlen aufgehört hat, ein überparteilicher Präsident zu sein, so hat er jetzt gänzlich seine Rolle aufgeben, Präsident zu sein." (Robert Schuster aus Prag, DER STANDARD, Printausgabe, 14.11.2008)