Michael Zach engagiert sich für den Abbau von Vorurteilen gegen AfrikanerInnen.

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Als antike Hochkultur bekannt ist das ägyptische Pharaonenreich, dessen Schriftzeichen Ägyptologen seit 1822 übersetzen können. Michael Zach, Spezialist für afrikanische Geschichte an der Universität Wien, erforscht eine bislang kaum bekannte afrikanische Supermacht, die noch mehr Pyramiden hervorgebracht hat: das Königreich Kusch. 500 Jahre lang war der Sudan ägyptische Kolonie, bis es im siebenten Jahrhundert vor Christus gelang, die ehemalige Kolonialmacht zu unterwerfen. Mit der Verlegung der Hauptstadt von Napata nach Meroe trat die Kultur aus dem Schatten Ägyptens.

"In den Totenstädten und Palästen der 'schwarzen Pharaonen' tauchen neue Götter auf, füllige Frauendarstellungen im Vergleich zu den idealisierten, ägyptischen Figuren, und schließlich erfolgt der intellektuelle Bruch mit der schriftlichen Formulierung der eigenen Sprache", sagt Zach. Der Historiker analysiert - zum Teil noch unpublizierte - bildliche Darstellungen, beruhend auf einer im Rahmen von Feldforschungen angefertigten umfassenden fotografischen Dokumentation. Zum Teil stammen die Aufnahmen von seiner Vorgängerin am Institut für Afrikawissenschaften, Inge Hofmann, eine Meroitistin, die ihn zur Sudan-Forschung brachte. Neben der Rolle der Frau in der meroitischen Kultur scheint auch die exakte zeitliche Einordnung der aufeinanderfolgenden Herrschaftsperioden besonders schwierig. Meroe war ein Zentrum der Eisenproduktion, "dennoch müssen zur Datierung europäische Kulturgegenstände genutzt werden. So erlaubt eine römische Münze mit dem Porträt eines Kaisers, die in einem Grab auftaucht, die Zeit besser einzugrenzen."

Über die elfte und bisher größte internationale Meroitisten-Konferenz Anfang September in Wien zieht der Organisator natürlich eine positive Bilanz: Rund 170 TeilnehmerInnen, darunter mehr als 20 aus dem Sudan, mit 95 Papers zum Stand der aktuellen Forschung würden belegen, "dass das Königreich ein lebendiger Teil der antiken Welt war". An seinem Forschungsfeld gefällt Zach, dass es "alles andere als breitgetreten ist. Diese Disziplin entwickelt sich noch, man kann Dinge erstmals publizieren und eigene Gedanken haben."

Zusammengebrochen ist die meroitische Kultur um 350 nach Christus. Neben Völkerwanderungen - ausgelöst durch Wüstenbildung, Überweidung und Erosion - lief das altäthiopische Reich Aksum am Roten Meer mit seiner Schifffahrtsroute zwischen Europa und Indien der Nilpassage den Rang ab. Der Wiener weiß auch um österreichische Ambitionen in Nordostafrika: Erzherzog Ferdinand Maximilian, Oberkommandierender der Kriegsmarine, versuchte ohne Wissen des Kaisers 1857 den Sudan zu kolonialisieren. Zach selbst war vor 20 Jahren das letzte Mal vor Ort, wird aber demnächst wieder an den Mittleren Nil zurückkehren.

In seiner Freizeit ist der 48-Jährige ein Sammler von Briefmarken, Münzen, Fossilien und Mineralien. Außerdem engagiert er sich seit acht Jahren im Projekt "Polizei und Afrikaner- Innen", das Vorurteile abbauen helfen soll. (Astrid Kuffner/DER STANDARD, Printausgabe, 12.11.2008)