Frankfurt/Main - Der erbitterte Widerstand gegen den Castor-Transport im Wendland in Deutschland hat den Streit um ein künftiges deutsches Atom-Endlager wieder aufflammen lassen. Der neue bayerische Umweltminister Markus Söder (CSU) verlangte am Dienstag, den Salzstock Gorleben sofort als Atommüll-Endlager freizugeben. Dagegen appellierte der niedersächsische Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) an Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, "endlich konkrete Alternativen für den Standort Gorleben vorzulegen".

Es reiche nicht, lediglich gebetsmühlenartig eine alternative Standortsuche zu fordern, ohne selbst einen Vorschlag zu machen, sagte Sander der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Der Bundesregierung warf der FDP-Politiker vor, in der Endlager-Frage keinen Schritt weitergekommen zu sein als die rot-grüne Bundesregierung zuvor.

Dabei seien die Atomtransporte in dieser Form weder dem Land noch der Bevölkerung im Wendland zuzumuten. "Wir als Land Niedersachsen können es uns nicht leisten, jedes Jahr an die 20 Millionen Euro für einen solchen Transport auszugeben", sagte Sander. Laut einer Schätzung von Innenminister Uwe Schünemann kommt der jüngste Transport das Land Niedersachsen teurer als erwartet. Er müsse eine Ausweitung der Kosten befürchten, sagte der CDU-Politiker.

Der frühere Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) erklärte, in Gorleben habe zwar formal die Erkundung eines Endlagers stattgefunden. Die bereits erfolgten Baumaßnahmen entsprächen aber faktisch dem Bau eines Endlagers und nicht mehr der Erkundung. "Für den Bau eines Endlagers liegt aber keine Genehmigung vor. Es wurde noch nicht einmal ein Antrag gestellt", erklärte der jetzige stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Wenn Söder nun eine Verzögerung beklage, solle er sich dafür einsetzen, dass endlich ein Standortauswahlverfahren begonnen werde.

Ein Endlager für hochradioaktiven Atommüll gibt es derzeit weder in Deutschland noch in einem anderen Land der Welt. Derzeit werden die stark strahlenden abgebrannten Brennelemente von Atomkraftwerken an den Standorten der Reaktoren oder in den zentralen Zwischenlagern in Ahaus in Nordrhein-Westfalen und Gorleben in Niedersachsen aufbewahrt. Die dort seit 1979 laufenden Erkundungsarbeiten wurden 2000 im Zuge eines zehnjährigen Forschungsmoratoriums unterbrochen. Seitdem wurden auch keine anderen Standorte untersucht. (APA/AP)