Heinz Palme: "Der Fußball ist unternehmerisch zu führen"

Foto: Heinz Palme Management

Wien - Der Österreichische Fußballbund wurde verlassen. Präsident Friedrich Stickler erklärte am Freitag bei der Präsidiumssitzung überraschend das Ende einer unrühmlichen Beziehung. Der 75-jährige Vize, Kurt Ehrenberger, sorgt derzeit mit tollkühnen Ankündigungen für Unruhe im größten Sportverband des Landes. Der ÖFB steht vor einer Grundsatzentscheidung: Bleibt die Fußball-Lok auf der bisherigen Schiene, oder ist es an der Zeit auf neue Verbandsstrukturen umzusteigen. Ein Name wird mit dem Ruf nach einem professionellen Management häufig in Verbindung gebracht: Heinz Palme. Der Unternehmer, der sich zuletzt mit dem Projekt "Österreich am Ball" im Rahmen der Euro 08 einen Namen gemacht hatte, war selbst 21 Jahre beim ÖFB tätig. Für die Weltmeisterschaft in Südafrika hat sich Palme als Berater bereits qualifiziert, ob er sich die WM auch als ÖFB-Präsident vorstellen könnte, erzählte er Simon Hirt.

derStandard.at: Könnten Sie sich Heinz Palme als neuen Präsidenten des Österreichischen Fußballbundes vorstellen?

Heinz Palme: Zuerst müsste man hinterfragen, was überhaupt gesucht wird. Wird ein physischer Nachfolger für Friedrich Stickler gesucht, oder geht es um einen Nachfolger, der etwas Neues entwickelt. Interessant ist diese Position nur dann für mich, wenn der ÖFB weiß, was er will und dafür an mich herantritt.

derStandard.at: Sollte der ÖFB-Präsident künftig eine professionelle Management-Aufgabe sein, oder weiterhin ehrenamtlich ausgeübt werden?

Heinz Palme: Beides ist denkbar. Es kommt dabei auf die handelnden Personen an. Unter Beppo Mauhart gab es bereits ein gelebtes Modell der Hauptberuflichkeit. Gigi Ludwig, Reinhard Nachbagauer und ich standen als professionelles Team hinter Mauhart. Mittlerweile sind die Aufgabenstellungen massiver geworden und es hat sich ganz klar gezeigt, dass der Fußball unternehmerisch zu führen ist. Die Aufgaben können nicht mehr ehrenamtlich ausgeübt werden. Die Bundesliga hat ihre Strukturen bereits angepasst und eine Vorstandssituation mit Aufsichtsrat geschafften. Präsident ist der Aufsichtsratvorsitzende.
Daran könnte sich der ÖFB orientieren, nur die besten Strukturen nützen nichts, wenn die Personen nicht passen und umgekehrt.

derStandard.at: Muss der Präsident etwas von Fußball verstehen um das sportliche Geschehen lenken zu können?

Heinz Palme: Der Präsident ist für das sportliche Fundament verantwortlich. Dafür genügt aber sicher ein Grund- oder Basiswissen. Beppo Mauhart hat auch nicht mehr vom Fußball verstanden als Friedrich Stickler. Nur hatte Mauhart die Fähigkeit, Dinge schnell zu erfassen und zu seiner Sache zu machen. Im Gegensatz zu Stickler hat er sich aber nie in den Fußball eingemischt.

derStandard.at: Verlangt es das Job-Profil des österreichischen Verbandspräsidenten, ein guter Krisenmanager zu sein?

Heinz Palme: Als Präsident muss man sich stellen und Krisenmanagement ist in Österreich absolut notwendig. Es hat sich leider so entwickelt, dass wir mehr Spiele verlieren, als gewinnen. Stickler hat 27 Spiele verloren und 17 gewonnen, das heißt, da war 27 Mal Krisenmanagement gefragt und leider nur 17 Mal Erfolgsmanagement.

derStandard.at: Verstehen Sie den medialen und öffentlichen Ruf nach neuen Strukturen im ÖFB?

Heinz Palme: Es gibt immer die gleichen Schlagworte, wenn etwas nicht passt: Die Spieler im Nationalteam gehören rausgeschmissen, es müssen jüngere her. Der Trainer gehört gewechselt und es müssen neue Strukturen her. Ich möchte das Wort Strukturen in diesem Zusammenhang gar nicht mehr verwenden, seit Frank Stronach damit viel Negatives bewirkt hat.

derStandard.at: Was verbirgt sich hinter dem abstrakten Wunsch nach neuen Strukturen?

Heinz Palme: Es geht um eine passende Organisationsform des ÖFB. Wie in einem Fußballteam muss eine Aufstellung gefunden werden, die klar skizziert und gut angepasst ist.

derStandard.at: Verstehen Sie die Forderung, dass sich innerhalb des ÖFB etwas ändern soll?

Heinz Palme: Ich war 21 Jahre beim ÖFB. Habe dort sieben Jahre in der Jugend, elf Jahre als Presse- und Organisationschef der Nationalmannschaft gearbeitet und war Bewerbungsleiter der EURO 2004. Ich habe beim ÖFB alles durchwandert und war für alles irgendwann zuständig. Dann hab ich mir gedacht, wenn ich jetzt wieder von vorne beginne, kann ich nichts dazu lernen. Um dem Fußball mehr zu geben, musste ich aus dem System aussteigen und das Ganze von außen betrachten.

derStandard.at: Würde eine Consulting-Firma dem ÖFB weiterhelfen können?

Heinz Palme: Es ist immer schwierig jemand Fremden in sein eigenes Haus hinein zu lassen. Ich mache ihm die Türe auf und er erzählt mir dann, dass ihm die Teppiche, die Bilder und vielleicht sogar die Bewohner des Hauses nicht gefallen. Das ergibt ein Bild, das man sich möglicherweise nicht gerne anschaut. (derStandard.at, 11. 10. 2008)