Die Volksschule Galileigasse im 9. Bezirk ist eines von 242 Schulgebäuden, das in den nächsten Jahren saniert werden soll. Für 60 Prozent der Kosten kommt der Bezirk auf

DER STANDARD/Matthias Cremer

Wien - In diesen Wochen machen in den Wiener Bezirksvertretungen die Budgetvoranschläge fürs kommende Jahr die Runde - und die weisen bei den Ausgaben in allen 23 Bezirken die gleiche Einseitigkeit auf: Der größte Brocken, in den meisten Fällen sogar ein Überhang, wird für die Sanierung der Pflichtschulen veranschlagt, deren Erhaltung den Bezirken obliegt.

"Bei uns gehen gleich drei Fünftel des Gesamtvoranschlags dafür weg", sagt etwa Martina Malyar (SP), Bezirkschefin in Wien-Alsergrund. Konkret werde man im 9. Bezirk im Jahr 2009 "zwei Millionen von insgesamt 3,5 Millionen Euro Budget" für Dachsanierung, Wärmedämmung, Fenstertausch und Co an fünf Volksschulen und einer kooperativen Mittelschule ausgeben müssen. Und das werde sich in den Folgejahren bis 2015 fortsetzen: "Ein wichtige Investition in die Zukunft unserer Kinder, aber für den Bezirk nur schwer leistbar." Denn, so Malyar, "für alle anderen Bezirksaufgaben bleibt dadurch nur ein Sparbudget über". Minus 20 Prozent Budget etwa für Straßenbau und Stadtplanung, für Märkte und Bedürfnisanstalten: In Zeiten, wo Bezirke immer mehr Aufgaben wahrzunehmen hätten, sei das "besonders bitter".

Nach dem Mörtelregen

Ähnlich schulzentriert ist die Finanzplanung im schwarz regierten Wien-Wieden, wo Susanne Reichard Bezirksvorsteherin ist. Zwar weise der vierte Wiener Gemeindebezirk nur zwei Pflichtschulbauten auf, erläutert sie im Standard-Gespräch, "aber bis 2017 werden wir zwischen sieben und zehn Millionen Euro, sprich: zwei bis drei gesamte Jahresbudgets, für Sanierungsarbeiten an diesen beiden Objekten ausgeben". Dabei seien die Wiener Bezirksbudgets seit langen Jahren nicht mehr wertangepasst worden: "Das ist im Zuge der Dezentralisierung kommunaler Aufgaben in Wien vor 20 Jahren leider so vereinbart und seither nicht geändert worden", kritisiert Reichard.

Daher treibe die konzertierte Schulsanierung Bezirke wie Wien-Favoriten "an den Rand der Finanzkrise", erläutert die grüne Wiener Schulsprecherin Susanne Jerusalem. Doch die Mega-Aufgabe habe "einfach nicht mehr aufgeschoben werden können", nachdem es in mehreren Schulgebäuden aus den altehrwürdigen Falzziegeldecken auf Schüler heruntergerieselt hatte: Ein Zeichen "von Versagen der zuständigen Stadtpolitiker über Jahrzehnte hinweg", wie Jerusalem meint. Im Büro der zuständigen Vizebürgermeisterin Grete Laska (SP) widerspricht man dieser Sichtweise unter Hinweis auf das Schulrenovierungs-Gesamtpaket und jahrelange Vorarbeiten dafür: Auf den Mörtelregen im Klassenzimmer habe man 2006 dann mit der "größten Analyse der Bausubstanz an Wiener Pflichtschulen seit 30 Jahren" reagiert. Und danach im Wiener Gemeinderat das "große Wiener Schulsanierungspaket" geschnürt, mit dem Ziel, 242 Schulgebäude zwischen 2008 und 2017 um 570 Millionen Euro wieder in Schuss zu bringen. Den Bezirken, die 60 Prozent der Kosten tragen müssen, greife man durch zinslose Darlehen unter die Arme.

"Allein heuer wurden an 128 Schulstandorten Sanierungsmaßnahmen getätigt", sagt Laska. Dadurch sei für rund 400 Menschen Arbeit geschaffen worden. Das heißen auch Malyar, Reichard und Jerusalem gut. Doch in Sachen Bezirksfinanzen blicken sie mit Sorge in die Zukunft: "Nach der Schulsanierung kommen weitere Brocken auf uns zu, etwa die Renovierung der Amtsgebäude oder die Erneuerung der Ampeln", sagt Reichard. (Irene Brickner/DER STANDARD, Printausgabe, 11. 11. 2008)