München - Europas größter Versicherungskonzern Allianz stellt sich nach einem Milliarden-Verlust im dritten Quartal auf weitere hohe Belastungen durch die Finanzkrise ein. Sollten sich die Börsenkurse bis Jahresende verglichen mit dem Stand Ende Oktober nicht erholen, sei mit zusätzliche Abschreibungen von rund einer Milliarde Euro zu rechnen, sagte Allianz-Vorstand Helmut Perlet am Montag in München. Im dritten Quartal hatte der Verkauf des Sorgenkindes Dresdner Bank an die Commerzbank der Allianz einen Verlust von zwei Mrd. Euro eingebrockt.

Grund dafür waren auch die massiven Kursverluste bei Commerzbank-Aktien, die der Versicherer für die Bank-Tochter erhalten hat. "Vor diesem Hintergrund halten wir die Zielmarke für das operative Ergebnis von neun Mrd. Euro in 2008 für nicht mehr erreichbar", bekräftigte Perlet. Auch die für 2009 angepeilten neun Mrd. Euro operatives Ergebnis stehen auf der Kippe.

Im dritten Quartal kämpfte die Dresdner Bank mit hohen Verlusten von 1,2 Mrd. Euro. Seit Jahresbeginn ist damit ein Minus von 2,4 Mrd. Euro aufgelaufen, wie die Bank in Frankfurt berichtete. Das Geldhaus leidet seit Ausbruch der Finanzkrise im Sommer vergangenen Jahres vor allem im Investmentbanking unter der Finanzkrise. Allein den Wert ihrer forderungsbesicherten Wertpapiere musste die Bank nach Allianz-Angaben zwischen Juli und September um 650 Mio. Euro nach unten korrigieren. Im Zusammenhang mit dem Dresdner-Verkauf hatte die Allianz insgesamt 2,6 Mrd. Euro an Belastungen zu verkraften.

Trotz der Probleme sei "aus heutiger Sicht auszuschließen", dass die Dresdner das Rettungspaket des Bundes in Anspruch nimmt, sagte Perlet. Die künftige Dresdner-Mutter Commerzbank suchte dagegen bereits Zuflucht unter dem Rettungsschirm. Den Verkauf der Dresdner wird dies nach Perlets Einschätzung aber nicht in Gefahr bringen. Er sehe im Moment keinen Grund, warum der Deal scheitern sollte, sagte der Allianz-Vorstand. Es gebe auch keine Pläne, die Commerzbank mit einem Darlehen bei der Übernahme zu unterstützen.

Keine Prognose

Eine Prognose für den Jahresüberschuss 2008 wollte Perlet angesichts der Unwägbarkeiten an den Börsen nicht abgeben. Weitere Verluste der Tochter Dresdner Bank würden sich allerdings nicht auswirken, da dann deren Buchwert angepasst würde. Zu den Belastungen durch die Dresdner Bank kamen im dritten Quartal auch Abschreibungen in Höhe von 189 Mio. Euro auf das Engagement der Allianz bei der insolventen US-Investmentbank Lehman Brothers. In der Lebens- und Krankenversicherung belasteten Abschreibungen das operative Ergebnis aus Kapitalanlagen mit 1,6 Mrd. Euro.

Im fortgeführten Geschäft, also ohne die Dresdner Bank, brach der Allianz-Gewinn im dritten Quartal von zwei Mrd. Euro vor Jahresfrist auf nur noch 545 Mio. Euro ein. Der operative Gewinn rutschte von 2,6 Mrd. auf 1,6 Mrd. Euro. Das Eigenkapital des Konzerns schrumpfte von Jahresmitte bis Ende September von 40,5 auf 37,5 Mrd. Euro. Die Kapitalausstattung des Konzerns sei aber noch immer "komfortabel", sagte Perlet. Auf die Frage, ob es Pläne für eine Kapitalerhöhung gebe, sagte er "ein klares Nein".

Die Kapitalmarktkrise drückte zwischen Juli und September auch auf Umsatz und operativen Gewinn des Lebensversicherungs- und Asset-Management-Geschäfts. In der Lebens- und Krankenversicherung verkauften sich fondsgebundene Produkte deutlich schwächer. In der wichtigsten Konzernsparte Schaden- und Unfallversicherung wies die Allianz einen operativen Gewinnrückgang um 16 Prozent auf 1,2 Mrd. Euro aus. Dies war vor allem auf die Kredit- und die Agrarversicherung zurückzuführen. Grundsätzlich bleibe die Schaden- und Unfallversicherung "ein verlässlicher Ergebnismotor, der auch in schwierigen Zeiten läuft und läuft", sagte Perlet. (APA)