Die vermeintliche Falschdarstellung des Unternehmenswertes der Deutschen Telekom vor dem Börsengang im Jahr 2000 wird nach Experten-Meinung kaum ein juristisches Nachspiel haben. Wie der "Spiegel" am Freitag unter Berufung auf Fachleute berichtete, sollen Schadensersatzklagen oder Strafanzeigen kaum durchzusetzen sein. Anfang der Woche hatten Kleinaktionäre entsprechende Anzeigen angekündigt.

Forderungen

Unterdessen forderte die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) in Düsseldorf Finanzminister Hans Eichel und den Vorstand der Telekom in einem Schreiben auf, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Die Verjährungsfrist für die Einreichung einer Prospekthaftungsklage läuft am 26. Mai aus. Danach gibt es laut DSW für die T-Aktionäre, die ihre Papiere im Rahmen der dritten Tranche gekauft haben, keine Chance mehr auf Schadensersatz.

Anhalten

"Gerade vor dem Hintergrund der neuen Erkenntnisse muss die Verjährung zumindest solange angehalten werden, bis die strafrechtlichen Ermittlungen seitens der Bonner Staatsanwaltschaft gegen die Telekom abgeschlossen sind", mahnte DSW-Hauptgeschäftsführer Ulrich Hocker.

Die T-Aktie war damals zum Preis von 66,50 Euro platziert worden und hatte dem Bund als Hauptaktionär rund 15 Mrd. Euro eingebracht. Die Bonner Staatsanwaltschaft ermittelt auf Grund mehrerer Anzeigen und Beschwerden bereits seit Jahren.

Laut "Spiegel" hatte der damalige Telekom-Finanzchef Joachim Kröske tatsächlich Bedenken gegen die Übernahme des britischen Mobilfunkers One-2-One zum Preis von rund zehn Mrd. Euro geäußert. Allerdings – so das Nachrichtenmagazin – erinnerten sich zwei Telekom-Vorstände daran, dass Kröske gegenüber Vorstand und Aufsichtsrat nur eine Minderheitsmeinung vertreten habe.

Preisdrücker

Nachdem der damalige Konzernchef Ron Sommer den Kaufpreis von 15 auf zehn Milliarden Euro gedrückt hatte, hätten beide Gremien übereinstimmend entschieden, dass der Preis vertretbar sei. Dazu seien verschiedene Bewertungsmodelle herangezogen worden. Auch die inzwischen vorgenommene Wertkorrektur in Höhe von 2,2 Milliarden Euro bei One-2-One ist laut "Spiegel" nach Auffassung von Juristen kein Beleg für falsche Angaben im Börsenprospekt. Denn die Abschreibung beziehe sich nur auf die später gekaufte UMTS-Lizenz. Solche Wertberichtigungen mussten inzwischen fast alle Netzbetreiber vornehmen.

Schadenersatz- oder gar Strafanzeigen, wie sie von der Anwaltskanzlei Binz & Partner oder der Kanzlei Rückold, Gieschen & Coll gestellt wurden, seien deshalb kaum durchzusetzen, schrieb das Nachrichtenmagazin weiter. (APA)