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Claudia Haas wurde beauftragt. Dieter Bogners Konzept schien zu radikal.

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Vollendung des geplanten Kaiserforums durch die Republik: ein möglicher Standort für das Haus der Geschichte

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Die von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von Günter Düriegl erstellte "Roadmap" für ein Haus der Geschichte der Republik Österreich stellte sich nicht als der Weisheit letzter Schluss heraus: Ende April 2008 beschloss der Ministerrat, ein Beratungsunternehmen mit der Detailplanung zu beauftragen. Die Ausschreibung gewann, wie der Standard in Erfahrung brachte, Lord Cultural Resources. Claudia Haas, seit 2003 Senior Consultant bei Lord, hat bis 8. Februar Zeit für ihr konkretes Konzept.

Neben Haas hatte sich auch Dieter Bogner beworben. Die beiden haben eine gemeinsame Geschichte: Dieter Bogner konzipierte in den 1990er-Jahren das Museumsquartier; Claudia Haas war, von diesem geholt, Gründungsdirektorin des dort angesiedelten Kindermuseums Zoom. Nach seinem Ausscheiden aus der MQ-Errichtungsgesellschaft tat sich Bogner für einige Jahre mit Lord zusammen.

Der Museumsberater reichte ein Konzept ein, das der Regierung zu radikal gewesen sein dürfte: Seiner Meinung nach habe Geschichte zu "brennen". Um diese anschaulich zu vermitteln, müssten völlig neue Wege beschritten werden. Bogner plädiert daher für ein virtuelles Haus der Geschichte und verweist auf die Homepage www.exitreality.com. Diese bietet als Download ein Programm an, mit dem Internet-Seiten automatisch dreidimensional aufgebaut werden.

Der Dialog hat für Dieter Bogner im Mittelpunkt zu stehen. Er spricht sich daher gegen einen Museumsbau im traditionellen Sinn aus: Sein physisches Gebäude ist ein Forum für Forschung, in dem die im Umraum erarbeiteten Ergebnisse zusammenfließen.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch Wolfgang Zinggl, Kultursprecher der Grünen: Er präsentierte am Freitag im Parlament sein "Mobile der Geschichte" als Alternative zum Haus der Geschichte, das eine "veraltete Vorstellung einer in Beton gegossenen Erzählung über Österreich im 20. Jahrhundert" sei. Die Geschichtswissenschaft habe sich längst von dieser "großen Erzählung" abgewandt - und beschäftige sich mit Fragmenten.

Zu vier dieser Fragmente im Zusammenhang mit dem Jahr 1938 ließ Zinggl von Historikern interaktive Module für den Einsatz im Schulunterricht entwickeln: "Wir wollen zeigen, dass Geschichte kein Haus braucht, durch das die Schüler geschleift werden." Das Haus der Geschichte brauche, so Zinggl, lediglich eine Bürostruktur, um hunderte Module zu entwickeln, die über das Internet abrufbar sein sollen. Im Lokal VI des Parlaments wurden den Schulklassen aber keine Konserven vorgesetzt: Siegfried Mattl und Michael Loebenstein zum Beispiel analysierten leibhaftig mit den Schülern Amateurfilme zum "Anschluss".

Der Verzicht auf gebaute Architektur scheint nicht im Sinne der Regierung zu sein. Claudia Haas geht denn auch vom einem wirklichen Museumsbau aus, ohne die Standortfrage zu thematisieren: Sie will ein exaktes Raum- und Funktionsprogramm entwickeln.

Einer der Gründe, der für Haas sprach, war die Definierung der Zielgruppen. Das Haus der Geschichte habe sich in erster Linie an Kinder und Jugendliche, an Senioren (als Zeitzeugen) und Immigranten zu wenden: Das Museum solle ein Schlüssel sein für ihr neues Lebensumfeld, also ihre neue Heimat. Aber auch das Internet lässt Haas nicht außer acht: Das virtuelle Haus der Geschichte solle eine Plattform für den Austausch zwischen Experten und neugierigen Menschen sein. Hier scheint es durchaus Überschneidungen zum Bogner-Konzept zu geben. (Thomas Trenkler, DER STANDARD/Printausgabe, 08./09.09.2008)