Wien - Abgesehen von einer Herde Lipizzaner, deren sogenannte Rettung aus der russischen Besatzungszone sogar verfilmt wurde, betrug der Pferdebestand in Österreich unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg 200.000 Tiere. "Das waren alles Arbeitspferde, die ihren Beitrag zum Wiederaufbau geleistet haben", sagt Oberst Friedrich Schuster, der Breitensportkoordinator des Bundesfachverbandes für Reiten und Fahren (BFV) in Österreich. Bis Ende der 50er-Jahre ging der Bestand vor allem wegen der zunehmenden Motorisierung in der Landwirtschaft auf 30.000 Pferde zurück. Mittlerweile gibt es jedoch wieder 100.000 Pferde, allesamt Reittiere.

Kein Wunder, dass die Reiterei ein Wirtschaftsfaktor ist. Bis zu 24.000 Arbeitsplätze sollen direkt oder indirekt von Tätigkeiten rund ums Pferd abhängen. 250.000 Österreicher reiten, ein Fünftel davon auch Turniere. Auf den Spitzensport wirkt sich das kaum aus, "Österreichs Spitze ist 66 und 57 Jahre alt", sagt Peter Nidetzky, der Veranstalter des Wiener Pferdefestes. Er meint natürlich Hugo Simon und Thomas Frühmann.

Auf lange Sicht Besserung könnte der vom BFV angestrebte Ausbau des Jugendreitsports bringen. Reiten soll zum Schulsport werden, Pilotversuche in bundesweit zwölf Schulen stehen vor dem Abschluss. Zudem ist ein Bundesleistungszentrum in Stadl-Paura/Oberösterreich im Entstehen. Das Fest der Pferde, zumal das Kinderfest am gestrigen Donnerstag, ist demzufolge auch eine Werbeveranstaltung, wenn auch nicht mit jedem Programmpunkt.

Mächtige Frau

Das heute, Freitag (20.30), auf dem Programm stehende "Jump Higher" eignet sich keinesfalls für Kinder und Jugendliche als Aktive. Ob für Pferde, darüber wird gestritten, seit es die sogenannte Mächtigkeit gibt. Die Gemüter haben sich etwas beruhigt, seit die zu überwindenden Mauern immer weicher werden. Zudem werden nur noch Spezialisten unter den Rössern herangezogen für den Bewerb, der in Wien als reines Showelement firmiert. Mitfavoritin ist Jillian Terceira von den Bermudas, die erst jüngst und in Salzburg auf Chaka III 2,20 Meter überquerte. (Sigi Lützow, DER STANDARD, Printausgabe, Freitag, 7. November 2008)