Ungewöhnliche Klänge: A. Castelló.

Foto: Newald

Wels - Sie nennt es "meine Ikea-Blockflöte" . Dabei hat Angélica Castellós Instrument weder mit Möbeln zu tun, noch sieht es einer Flöte ähnlich. Dennoch: Bei jenem knapp zwei Meter hohen Gebilde handelt es sich um eine aus Birkensperrholz gefertigte Subgroßbassblockflöte, von Herbert Paetzold als Hybride aus Blockflöte und Orgelpfeife entworfen. Castelló, in Mexiko-Stadt geboren, seit 1999 in Wien zu Hause, entdeckte das Instrument im Zuge ihres Studiums in Amsterdam. "Es ist ein langsames Instrument, und da ich zwar schnell im Kopf, aber keine schnelle Musikerin bin, passt es perfekt zu mir. Ich war schon als Kind glücklich, wenn ich stundenlang am Klavier sitzen und nur Quinten spielen konnte. Virtuosität bewundere ich, für mich war sie aber nie ein Ziel" , so die 36-Jährige.

Die dunklen, leisen, obertonreiche Klänge, die Castelló oft mit elektronischen Sounds und musikalischen Fundstücken aus dem Sampler kombiniert, verdanken sich zumeist sehr lebensnahen Beweggründen. "Meine Musik ist abstrakt, aber es sind ganz konkrete Menschen, Geschichten, die mich inspirieren" , so Castelló, die dabei oft auch aus sich selbst schöpft: etwa in "Ksenia" , der auf der formidablen FreiStil-"Samplerin" veröffentlichten, dunkel gefärbten Geräusch-Piece, an deren Ende ein russischer Chor wie aus ferner Erinnerung widerhallt. "Meine Familie ist über die ganze Welt verstreut, ich weiß nicht viel über sie. Als mir meine Tante einmal Fotos von meiner verstorbenen russischen Großmutter Ksenia geschickt hat, hat mich das berührt. Meine Assoziationen für das Stück waren: Schnee. Etwas, das weit weg ist. Ungreifbarkeit."

Für Castelló ist dies aber nur eine Facette einer rastlosen Vielfalt an Tätigkeiten. Die Organisation der Reihe "Neue Musik in St. Ruprecht" ist eine weitere. Ebenso die Mitwirkung in zahlreichen Ensembles zwischen dem Low Frequency Orchestra und Subshrubs, dem Damen-Vierer aus Castelló, Maja Osojnik, Katharina Klement und Visual-Künstlerin Billy Roisz, der heute "Musik Unlimited" eröffnet, und der unberechenbare elektroakustische Klanglandschaften zu zeichnen versteht. "Improvisation ist für mich die purste Form des Musizierens. "Andrerseits mag ich es, Kompositionen zu spielen. Sich selbst in einen Käfig, in eine Zwangsjacke zu stecken bedeutet immer eine andere Art der Herausforderung." (Andreas Felber / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7.11.2008)