Der Verkehr auf der sechsspurigen Stadtautobahn, die, je nachdem, acht- bis zehnspurig befahren ist, kommt zum Stillstand: 1000 Kühe queren die Autobahn, heilige Kühe übrigens: Wir sind hier nämlich in Indien, Großraum Delhi. Es scheint, als wären ständig alle 1,1 Milliarden Inder gleichzeitig auf der Straße. Wer glaubt, Verkehr in Europa sei Chaos, sollte hierher. Zur Gegenprobe.

Polizisten etwa, um entspannten Umgang mit Österreichs Straßenbenutzern zu lernen, denn nach den Regeln der Straßenverkehrsordnung müsste praktisch jeder motorisierte Inder sofort hinter Gitter. Erstaunlich, dass das "System" funktioniert. Wie Rad-, Moped-, Tuk-Tuk-Fahrer mit Autos und Lkws um jeden Zentimeter rangeln, doch es geht sich meist ohne Unfall aus. Verkehrsmanagement by Chaos. Das klappt nur, weil alle sich penibel an die Straßenverkehrsunordnung halten.

Nicht auszudenken jedoch, wenn statt jetziger vier Prozent der Stadtbevölkerung zehn Prozent ein Auto haben. Dann geht gar nix mehr. Obwohl: auch interessant das Vertrauen der Autobauer in bewährte arbeitsteilige Verhaltensmuster: "Wir bauen die Autos. Die Straßen kommen dann schon." Mehr als ein paar Tage Beobachtens sind in Delhi übrigens nicht zu empfehlen. Die Luft. Mit Händen greifbar. Tapfer kämpft die Sonne gegen dicken Smog, hat den Kampf aber längst verloren.

Auf dem Land, Udaipur, wo James Bond ("Octopussy") die Welt rettete, sieht's anders aus. Sonne ist Sonne, kein verwischter heller Fleck; nächtens sieht man sogar Sterne. Und Stars: Wir trafen Jagger. Mick Jagger. Genau: Stones. Wirkte aber ziemlich stoned. Unterwegs mit Spätlebensabschnittsbeobachterin L'Wren Scott, Sohne- und Dobermann (Bodyguard). Mitleiderregend stolperte der alte Herr durch den Stadtpalast. Immerhin: vom Verkehrschaos bekam er so wohl auch nichts mit. (Andreas Stockinger, AUTOMOBIL, 31.10.2008)