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Obama ante portas: Geht mit Bush auch der Amerikahass?

Foto: AP/Herbert

Der Schmerz stand John McCain ins Gesicht geschrieben. Nicht nur, weil er seinen Anhängern, die teils monatelang für seine Wahl gekämpft hatten, von der Niederlage zu berichten hatte. Mühsam erhob er seine von Folter gezeichneten Arme, um sein Publikum zu beruhigen, das auf jede Erwähnung des Wahlsiegers mit wütenden Schmährufen reagierte. John McCain verlor die Wahl, aber just in der Stunde der Niederlage gewann er seine Autorität zurück, die ihm in den Monaten davor bisweilen abhanden gekommen war. Und auch George W. Bush, der unbeliebteste US-Präsident seit derlei Dinge erhoben werden, gratulierte Barack Obama und versprach einen reibungslosen Übergang. Bush beweist am Ende sogar ein gerüttelt Maß Selbstironie, wenn er davon spricht, Millionen Amerikaner hätten so lange auf den Moment gewartet, an dem Obama das Weiße Haus für sich reklamieren darf.

Eigentlich das Normalste auf Gottes weiter Erde, will man meinen. Den Unbeirrbaren, die die USA gerne mit diktatorischen Systemen wie China, Russland und Iran gleichsetzen, sollte der "Regime Change" in Washington aber zu denken geben. Schließlich wäre Bush der erste Führer eines dieser in einschlägigen Diskussionen gerne genannten Länder, der seinen Feinden die Festung kampflos überlässt - und ihnen auch noch viel Vergnügen beim Einzug in dieselbe wünscht. Jetzt kommt es darauf an, ob es tatsächlich Präsident Bush (Stichwort Falludscha, Stichwort Guantanamo, Stichwort Finanzkrise) war, der Amerikahassern in Europa Stoff für krude Theorien lieferte.

Die USA, selbst unter Bush, nämlich mit diktatorischen Systemen gleichzusetzen, birgt eine geradezu gefährliche Geringschätzung der westlichen Demokratie. Eine Ordnung, die Europa niemandem mehr zu verdanken hat als den USA. Bleibt zu hoffen, dass sich mit dem Ende der Ära Bush auch die antiamerikanischen Wogen im "alten Europa" wieder glätten. (Florian Niederndorfer, derStandard.at, 6.11.2008)