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Die Folgen unseres selektiven Bildungssystems werden schon seit Jahren erforscht. Die notwendigen Maßnahmen lassen auf sich warten, kritisert PISA-Chef Günter Haider.

Foto: AP/Probst

Die soziale Diskriminierung durch das Bildungssystem ist keine Mär, sondern Realität, wie diverse Bildungsstudien in den vergangen Jahren gezeigt haben. Beim "Alfred Dallinger-Symposium" am Donnerstag und Freitag in Wien stehen diese wieder im Mittelpunkt. Und man merkt: Schon langsam werden die Bildungsexperten ungeduldig.

Neue Zahlen, gleiches Ergebnis

"Eine Ministeriumsreferentin hat mich einmal als Veteranen der Schulreform bezeichnet. Ich teile mir den Titel gerne mit Bernd Schilcher", sagte Günter Haider bei seinem Vortrag vor den PädagogInnen. Die Zahlen, die er dort präsentierte, "trage ich schon seit Jahren mit mir rum", gesteht er. Neben Ergebnissen der PISA-Studie und der PIRLS-Lesestudie präsentierte er auch einige neue Daten aus der Sprachstandsfeststellung.

Immerhin besuchen laut Haiders Daten 93 Prozent der Kinder in Österreich einen Kindergarten. Auffallend ist, dass ein Drittel der Elteren, die ihre Kinder nicht in den Kindergarten schickt, keinen Pflichtschulabschluss hat. Für den späteren Bildungsverlauf hat das Konsequenzen: "Von den Kindern, die nicht den Kindergarten besucht haben, sind 42 Prozent 'RisikoschülerInnen' im Fach Lesen", erklärt Haider.

Den Kindergarten auszulassen wirkt sich auch auf die Sprachkompetenz aus. Von den fünfjährigen Kindern, die bereits einen Kindergarten besuchen, brauchen laut Sprachstandsfestellung 23 Prozent spezielle Förderung. Bei den Kindern, die nicht in den Kindergarten gehen, sind es hingegen 51 Prozent. Bei den Kindern mit Deutsch als Zweitsprache ist dieser Anteil noch höher: 77 Prozent haben - trotz Kindergarten - Förderbedarf vor dem Schuleintritt.

Milliardeninvestition in Bildung

Für Haider sind diese Zahlen Grund genug, "die Erkenntnisse in der Bildungsforschung endlich umzusetzen". Mit den Maßnahmen, die Unterrichtsministerin Claudia Schmied in ihrer Amtszeit getroffen hat, sei der erste Schritt getan. Die kommende Regierung müsse "den Weg zur gemeinsamen Schule weitergehen."

ÖVP-Bildungsexperte Bernd Schilcher konkretisiert diesen Weg. Er forderte in seiner Rede ein "Bildungs-Konjunkturprogramm" für die nächsten zwei Jahre. Was dieses beinhalten soll? "Es sollte vier bis fünf Milliarden Euro umfassen und die baulichen Voraussetzungen schaffen, damit die Rahmenbedingungen für einen modernen Unterricht gesichert sind." Das betreffe auch nicht nur Schulen, sondern auch Pädagogische Hochschulen, weil "die besten LehrerInnen benötigt werden."

AK-Präsident Herbert Tumpel unterstützt die Forderung der Bildungsexperten: "Gerade in der Wirtschaftskrise brauchen wir Investitionen in Bildung, denn die rechnen sich doppelt." (lis/derStandard.at, 6. November 2008)