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Demonstranten in Taipe.

Foto: REUTERS/Nicky Loh

Taipeh - Zum ersten Mal seit mehr als sechs Jahrzehnten ist ein taiwanesischer Präsident mit einem ranghohen Gesandten der Volksrepublik China zusammengetroffen. Taiwans Staatsoberhaupt Ma Ying-jeou begrüßte am Donnerstag den chinesischen Chefunterhändler Chen Yunlin in einem Gästehaus der Regierung in Taipeh. Beide Männer gaben sich die Hand und tauschten Geschenke aus.

In einer kurzen, im Fernsehen übertragenen Rede erklärte Ma, die Begegnung mit Chen sei "ein wichtiger Schritt in den Beziehungen beider Seiten der Taiwan-Straße". Zwar gebe es noch Differenzen, etwa über die Sicherheit und den internationalen Status Taiwans, aber die jetzige Entwicklung entspreche den Wünschen der Menschen in Taiwan und in China.

Tuschebild eines Pferdes als Geschenk

Chen äußerte sich bei der Begegnung nicht. Er überreichte Präsident Ma ein Tuschebild eines Pferdes mit den Worten, dies sei "von einem meisterhaften Künstler". "Ma" ist das chinesische Wort für "Pferd". Vor dem Gästehaus dauerten derweil die Proteste von Anhängern einer Unabhängigkeit Taiwans an. Mehr als 2000 Demonstranten hatten zuvor ein Hotel belagert, in dem ein Bankett für Chen gegeben wurde.

Tumulte vor Hotel

Mehr als 2000 Demonstranten versammelten sich am Mittwochabend vor einem Hotel in der Hauptstadt Taipeh, in dem ein Bankett zu Ehren des chinesischen Top-Gesandten Chen Yunlin gegeben wurde. Vor dem Hotel spielten sich nach taiwanesischen Fernsehberichten tumultartige Szenen ab. Chen konnte das Gebäude erst in den frühen Morgenstunden des Donnerstags verlassen, nachdem die Polizei die Demonstranten zurückgedrängt hatte.

Taiwans regierende Kuomintang-Partei machte die Oppositionspartei DPP für die Proteste verantwortlich. Die Gruppierung des früheren Präsidenten Chen Shui-bian hat stets die Unabhängigkeit der Insel von China betont. Der Besuch Chen Yunlins ist der erste eines so ranghohen chinesischen Unterhändlers in Taiwan seit 60 Jahren. Gemeinsam mit seinem taiwanesischen Kollegen Chiang Pin-kung hatte er am Dienstag milliardenschwere Wirtschaftsvereinbarungen unterzeichnet. Politische Fragen blieben bei den Gesprächen ausgeklammert. Mehr als 7000 Polizisten sind für den Schutz des chinesischen Besuchers abgestellt.

Besuch aus Peking als Erfolg gewertet

Der taiwanische Präsident Ma Ying-jeou hat den bisher höchstrangigen Besuch aus Peking indessen als erfolgreich bezeichnet. Beide Seiten stünden aber noch vor großen Herausforderungen, sagte Ma am Donnerstag nach einem Treffen mit dem chinesischen Gesandten Chen Yunlin. So gebe es noch viele offene Fragen zur Sicherheit und zum internationalen Status von Taiwan.

Ma würdigte aber ein am Dienstag von beiden Seiten unterzeichnetes Abkommen, das die Zahl der Flug- und Schiffsverbindungen erhöht. Außerdem vereinbarten China und Taiwan regelmäßige Wirtschaftsgespräche, die alle sechs Monate stattfinden sollen.

Chen vermied es, Ma mit seinem offiziellen Titel als "Präsident" anzusprechen.

Der Besuch des chinesischen Unterhändlers ist ein weiterer Schritt in dem mühsamen Annäherungsprozess beider Länder. Chen unterzeichnete mit seinem taiwanesischen Kollegen Chiang Pin-kung milliardenschwere Wirtschaftsvereinbarungen, politische Fragen blieben ausgespart. Die Volksrepublik China betrachtet die dem Festland vorgelagerte Insel Taiwan seit der Revolution von 1949 als abtrünnige Provinz und strebt eine Wiedervereinigung zu den Bedingungen Pekings an. Dies lehnt Taiwan strikt ab. (red/APA/AFP)