Bild nicht mehr verfügbar.

Barack Obama auf dem Weg zu seiner Siegesrede.

Foto: AP/Martinez Monsivais

Bettylu Saltzman hat es immer schon gewusst. 1992 traf die reiche demokratische Aktivistin den jungen Juristen Barack Obama in Chicago und erzählte ihren Freunden: "Das könnte unser erster schwarzer Präsident werden."

Obama war gleich nach dem Abschluss von der Harvard University, wo er als erster Schwarzer die renommierte Harvard Law Review geleitet hatte, nach Chicago gezogen, in die Heimatstadt seiner Frau Michelle. Er half dem Präsidentschaftskandidaten Bill Clinton beim Mobilisieren von Wählern, arbeitete an einem Buch über seinen verstorbenen Vater, den er nur einmal im Leben getroffen hatte, und suchte einen Einstieg in die Stadtpolitik.

Was Saltzman in diesem enigmatischen Mann mit dem exotischen Namen sah, war ein scharfer Intellekt, gepaart mit hohem Selbstbewusstsein. Obama brannte vor Ehrgeiz, aber er ruhte völlig in sich. Er vermittelte den Eindruck, genau zu wissen, wer er ist.

Durch sein eigenes Leben hat er das allerdings nicht erfahren. Sein Vater war ein Ökonom aus Kenia, der beim Studium auf Hawaii eine weiße Studentin aus Kansas geheiratet hatte. Bald nach Baracks Geburt 1961 trennten sie sich wieder. Obama wuchs in Indonesien auf, wohin seine Mutter geheiratet hatte, später bei den Großeltern auf Hawaii. Er nannte sich Barry, fühlte sich überall fremd, konsumierte Alkohol und Drogen. Er war dabei, sich zu verlieren.

Doch wie ein Außerirdischer im Film, der sich einen perfekten menschlichen Körper schafft, begann der junge Obama mit eiserner Disziplin jene Persönlichkeit zu kreieren, die es bis ins Weiße Haus schaffte.

Seine größte Stärke als Politiker ist nicht Charisma, sondern Methodik: Er sucht Rat, hört zu, denkt nach und entscheidet erst dann. Er lernt aus seinen Fehlern. Am Anfang seiner Karriere war er kein guter Redner. Aber er übte so lange, bis seine Rhetorik ihn, den Rechtsprofessor und Lokalpolitiker, beim Parteikongress der Demokraten 2004 zum Superstar der Partei machte. Als Wahlkämpfer erwies er sich als großartiger Organisator; wie ein Schachspieler plante er stets einige Züge weiter voraus als seine Gegner.

Coolness, Kühle und Distanz liegen bei ihm nah beieinander. Anders als seine vergleichbar intellektuellen Vorgänger Kennedy und Clinton ist er kein Verführer, weder von Frauen noch von Wählern. Aber gerade dieses Temperament verhalf ihm in den TV-Debatten zum Sieg über John McCain und hat viele Experten davon überzeugt, dass Barack Hussein Obama ein großer Präsident werden könnte. (Eric Frey/DER STANDARD, Pritnausgabe, 6.11.2008)