Wien - Wer in Österreich festgenommen wird, dem sollte seit Juli ein mehrsprachiges Informationsblatt in die Hand gedrückt werden, auf dem sich eine Hotline für eine kostenlose anwaltliche Erstberatung befindet. Bisher haben aber nur zehn Prozent aller Betroffenen von dem Journaldienst, der derzeit im Probebetrieb läuft, Gebrauch gemacht - verdächtig wenige, meint die Vereinigung der Österreichischen StrafverteidigerInnen. Rechtsanwalt Richard Soyer, Sprecher der Vereinigung, will zwar niemandem die Schuld direkt in die Schuhe schieben, er fordert aber einen "Umdenkprozess" bei der Polizei.

Offenbar werde den Betroffenen die neue Möglichkeit nicht effektiv genug vermittelt. Gegebenenfalls müssten Beschuldigte "ermutigt" werden, sich an die 24-Stunden-Hotline zu wenden, so Soyer. Die Wiener Polizei weist den Vorwurf der unzureichenden Belehrung zurück. Infoblätter würden allen Festgenommenen vorgelegt. Ob die jeweils vermerkte Telefonnummer angerufen werde, darauf habe man keinen Einfluss.

Grundsätzlich soll der Anruf einem Verdächtigen ermöglichen, sich einen ersten Eindruck über seine rechtliche Situation zu verschaffen. Diese Erstberatung ist bis zu einer Dauer von fünf Minuten gratis. (simo, DER STANDARD-Printausgabe, 04.11.2008)