Andreas Martin, "Head of Business Development" bei "Drei".

Foto: Drei

Der Mobilfunkanbieter "Drei" startet seine Werbeoffensive in Sachen "Mobile Marketing". Mit Handy-Werbung peilt "3"-Chef Thoma 2009 einen Umsatz im siebenstelligen Bereich an. Das Thema stecke international zwar noch in den Kinderschuhen, am österreichischen gebe es aber eine "beachtliche Dynamik", konstatiert Roland Tauchner, Vorsitzender der Mobile Marketing Association und Geschäftsführer von Dimoco. "Letztes Jahr haben zehn Prozent im mobilen Web gesurft, heuer sind es schon 25 Prozent", sagt Tauchner zu etat.at. 45 Prozent verwenden es primär zum Lesen von Nachrichten.

Laut einer Studie weist Banner-Werbung am Handy Clickraten von rund acht Prozent auf. "Aufgrund des kleinen Displays wird aber Werbung von Usern zum Teil nicht als solche identifiziert", so Tauchner. Content und Reklame seien zu eng miteinander verknüpft. In punkto Vermarktung von Online-Werbung am Handy sei das größte Problem, dass es noch keine validen Reichweiten gibt. "Wir rechnen damit, dass wir 2010 die Zahlen über die Österreichische Webanalyse ausweisen können."

Auf einen früheren Termin, nämlich 2009, hofft Andreas Martin, Leiter des Bereichs "Mobile Marketing" bei "Drei". Reklame am Handy dürfe nicht "plump" sein, sondern müsse für Kunden einen Nutzen haben, sagt Martin im Interview mit etat.at. Belästigende SMS-Werbung werde es nicht geben, verspricht er. Die Fragen stellte Oliver Mark.

etat.at: Die Toleranzgrenze für Handy-Werbung dürfte eher gering sein. Fühlen sich "Drei"-Kunden gestört?

Martin: Nein. Der ursprüngliche Ansatz von Mobile Marketing war das Zustellen einer SMS mit Werbung, weil es nichts anderes gegeben hat. Das würde ich als Konsument natürlich als störend empfinden. Wir betreiben aber Pull-Marketing. Das heißt, dass der Kunde aktiv in ein Portal einsteigt, in dem er unterschiedliche Multimediadienste nutzen will. Hier gibt es dann das eine oder andere Mal Werbung. Wir wollen die Kampagnen so entwickeln, dass es in irgendeiner Form einen Benefit für Nutzer gibt. Zum Beispiel über die Schiene Promotions und Gewinnspiele. Es darf keine plumpe Reklame sein, sondern muss einen Nutzen haben.

etat.at: Henkel hat bei "Drei" eine Kampagne im Wert von 100.000 Euro gewonnen. Welche Werbeformen stehen zur Verfügung, damit so viel Geld investiert werden kann?

Martin: Wir haben unterschiedlichste Werbeformen- und plätze. Das beginnt am Handy auf unserem mobilen Portal "Planet 3", wo man Banner buchen kann. Es gibt da eine Landing Page, die das Produkt dementsprechend erklärt. Dann besteht die Möglichkeit, in unterschiedlichen Bereichen Videos zu integrieren. In den mobilen TV-Kanälen kann man klassische TV-Spots senden. "Mobile Marketing" muss sich nicht nur aufs Handy beschränken. Wir bieten auch Banner-Buchung auf drei.at. Die Henkel-Kampagne wird crossmedial ablaufen, also mit Banner-Werbung, TV-Spots und es wird auch einen Blog geben. Start ist etwa Mitte November.

etat.at: Wie schauts preislich aus? Handy-Werbung ist gleich teuer wie Online-Werbung?

Martin: Genau. Wir verfolgen den TKP-Ansatz (Tausend-Kontakt-Preis). Je nach Werbeform und Bereich geht die Spanne von 25 bis 100 Euro.

etat.at: Ist klassische SMS-Werbung geplant? Leute könnten zum Beispiel ein SMS bekommen, wenn sie sich in der Nähe von Geschäften von Werbepartnern befinden.

Martin: Nein, das ist auf keinen Fall geplant. Wir nehmen den Datenschutz und die Privatsphäre der Kunden sehr ernst und das würde schon in Richtung "Big Brother" gehen. Was anderes ist, wenn der Kunde explizit die Zustimmung fürs Empfangen von Werbung gegeben hat. Eine Auswahl von diesen Kunden könnte bei manchen Kampagnen auch SMS oder MMS-Werbung erhalten. Aber das ist ein sehr geringer Anteil im Vergleich zu den anderen Werbeformen wie Banner oder Videoelemente.

etat.at: Ist das Modell eine Überlegung, dass jene, die explizit ihre Zustimmung zu SMS und MMS-Werbung geben, dann einfach weniger fürs Telefonieren zahlen?

Martin: Das ist natürlich denkbar. Es gibt in England ein spannendes Beispiel. Dieses Modell richtet sich an Jugendliche. Die Kunden bekommen einfach die SIM-Karte, wo 200 Freiminuten im Monat und einige Gratis-SMS inkludiert sind. Im Gegenzug muss der Kunde sechs Mal pro Woche Werbung akzeptieren.

etat.at: Könnte sich das in Österreich rentieren?

Martin: Der österreichische Markt ist einer der wettbewerbsintensivsten in ganz Europa. Bei uns sind die Tarife schon so niedrig, dass ein derartiges Modell kaum Sinn macht. Bei Flat Fee für 20 Euro wird sich kaum wer für ein über Werbung finanziertes Modell entscheiden. Unsere Philosophie war von Anfang an, dass wir die Multimedia-Dienste gratis im Basispaket haben, damit sie von den Kunden auch genutzt werden. Nur dann kann ich sie im zweiten Schritt für die Werbeindustrie öffnen. Von den Page Impressions und den Unique Usern ist es jetzt so attraktiv, dass wir es der Werbeindustrie anbieten können.

etat.at: Nach welchen Kriterien bzw. welchen Zielgruppen wird die Handy-Werbung ausgeliefert?

Martin: Ein wesentlicher Vorteil einer mobilen Plattform ist, dass man Kampagnen segmentieren kann. Im Moment sind es drei Kriterien: Alter, Postleitzahl und Geschlecht.

etat.at: Weitere Differenzierungen würden sich nicht rechnen?

Martin: Man muss sich überlegen, wie spitz dann die Kampagne wird. Es gibt auch Generierungskosten, um die Kampagne technisch umzusetzen. Natürlich könnte man auch in Richtung Behavioral Targeting, das auf bestimmten Interessen basiert, gehen. Im Prinzip reichen die jetzigen Kriterien.

etat.at: Wie schauts mit Reichweiten bei Mobile Advertising für die Mediaplaner aus? Die sollen ja auch wie bei Online-Portalen über die Österreichische Webanalyse (ÖWA) ausgewiesen werden.

Martin: Es ist elementar, dass Mobile genauso transparent wird wie Online. Deswegen wollen wir monatlich die Zahlen in Richtung der ÖWA berichten.

etat.at: Für eine vollständige Integration der Zahlen wird das Jahr 2010 ins Auge gefasst. Ist man im Zeitplan?

Martin: Ich bin zuversichtlich, dass wir es sogar noch früher schaffen. Wir müssen eine geeignete Mechanik für die technische Umsetzung finden. Da laufen derzeit intensive Gespräche. Das betrifft aber nicht nur uns, sondern auch andere Betreiber.

etat.at: Sollten einheitliche technische Standards für alle Betreiber etabliert werden oder kocht jeder sein eigenes Süppchen?

Martin: Ähnlich wie bei Mobile-TV ist das ein Branchenthema und in bestimmten Bereichen wird man zusammenarbeiten müssen. Zum Beispiel in punkto Messbarkeit. Die andere Seite ist die Vermarktung: Soll sich jeder selbst vermarkten oder sollen wir in bestimmten Bereichen kooperieren? Wir sind diesbezüglich im Gespräch mit allen anderen Mitbewerbern. Bei der Vermarktung geht es nicht um die Teilnehmer im Netz. Die Mobilkom hat 4,3 Millionen Kunden, "Drei" hat 600.000. Die Marktanteile in Bezug auf die tatsächliche Nutzung der Dienste schauen aber anders aus.

etat.at: In welchem Prozentbereich werden sich die Werbeausgaben für Mobile im nächsten Jahr bewegen?

Martin: Online wächst am stärksten und tendenziell werden Kunden, die online buchen, auch in mobile Plattformen investieren. Unser Ziel ist es, vom Online-Kuchen einen zweistelligen Prozentsatz abzuknabbern. Wenn man das hochrechnet, dann handelt es sich bei der Summe um rund 15 bis 20 Millionen Euro, die sich die verschiedenen Betreiberportale aufteilen könnten. (derStandard.at, 3.11.2008)