Turnauer-Tochter Christine de Castelbajac könnte im Zuge der Immofinanz- und Immoest- Turbulenzen einen Großteil ihres Vermögens verlieren. 

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Wien - Entgegen den Organen der Immofinanz Beteiligungs AG (Ibag) geht die Immoeast davon aus, dass ihre Forderung an die Ibag im Volumen von derzeit noch 520 Mio. Euro exklusive Zinsen rechtsgültig ist. Der Grund: Es liegt eine Saldenbestätigung mit dem Stempel der Ibag vor. Der Wirtschaftsprüfer KPMG hat auf Basis dieser Saldenbestätigung die Existenz dieser Forderung bestätigt.

Es geht um jene ominöse Anleihe (900 Mio. Euro), die die Immoeast nach der Kapitalerhöhung im Frühjahr 2007 an der Ibag gezeichnet haben will. Von der Ibag wurde das Geld zu drei Gesellschaften weitergeleitet, die der Constantia Privatbank (CPB) gehörten. Diese wurden aber bereits (wie rund 150 andere Firmen auch) von der CPB abgespalten und an die Constantia Packaging B.V. (Niederlande) angehängt. Daher haben auch die neuen CPB-Eigentümer, das aus fünf Banken bestehende Konsortium, keinen Zugriff darauf. Die Ibag hat die per Ende Oktober fällig gewesene Tranche von 150 Mio. Euro jedenfalls nicht an die Immoeast überwiesen.

Der Vorstand der Ibag, Gerhard Pauser, erklärte im Gespräch mit dem Standard, "die Ibag hat nie eine Anleihe begeben, ich habe nichts unterschrieben, es gibt auch keinen Aufsichtsratsbeschluss, ich habe auch nie eine Überweisung unterschrieben". Es gäbe in den Unterlagen der Gesellschaft zwar den Entwurf eines Anleihevertrages, "unterschrieben habe ich den aber nie", so Pauser. Er selbst sei gleichsam nur "Formalvorstand der Gesellschaft" gewesen, eigenes Personal habe es keines gegeben, "das wenige, das zu tun war, hat die Constantia Privatbank gemacht". Allfällig trotzdem erfolgte Überweisungen seien daher in seinen Augen "rechtlich ungültig".

Zeichnungsberechtigt

Er selbst habe überhaupt erst vor acht Tagen die Kontonummer der Gesellschaft bei der CPB erfahren. Die gemeinsam Zeichnungsberechtigten für dieses Konto sollen der pensionierte Notar Pauser und Christian Thornton gewesen sein. Thornton ist im Vorstand von Immoeast, Immofinanz und der Constantia Corporate Finance Consulting AG.

Wie es weitergehen könnte: Die Immoeast wird die B.V. (sie haftet gegenüber der Immoeast) auffordern, die 520 Mio. Euro zu überweisen. Kommt das Geld nicht, wird man auf die Beteiligungen der B.V. Anspruch erheben. Konkret geht es um rund 82 Prozent an der börsennotierten Constantia Packaging AG, inklusive ihrer Beteiligungen wie etwa der Amag. Die Packaging beschäftigt allein in Österreich 2500 Mitarbeiter, weltweit sind es 8500. Der Verpackungshersteller hat derzeit einen Börsenwert von 386 Millionen Euro, im Vorjahr waren es noch 841 Millionen Euro. Die Ibag hat die per Ende Oktober fällig gewesen Tranche von 150 Mio. Euro jedenfalls nicht an die Immoeast überwiesen. Laut Bilanz 2006 hat die Ibag elf Beteiligungen, davon schreiben fünf Verluste, vier hatten ein negatives Eigenkapital. Der Buchwert der Beteiligungen lag bei 1,4 Mio. Euro.

Die niederländische B.V. gehört der liechtensteinischen Herbert Turnauer Stiftung, die wiederum Turnauers Tochter, Christine de Castelbajac, zuzurechnen ist. Die Anwälte der B.V. werden diese Haftung anfechten, da sie der Auffassung sind, dass die zugrundeliegende Forderung der Immoeast nicht rechtswirksam ist.

Dem Vernehmen nach soll die Haftungserklärung von B.V.-Geschäftsführer Prinz Michael von und zu Liechtenstein unterschrieben worden sein. Castelbajac soll aufgrund der Informationen ihrer Berater davon ausgegangen sein, dass die Haftung nie schlagend werden würde. Der Grund: Man ging von einer Gegenforderung aus der Auflösung der Managementverträge zwischen Constantia Privatbank und Immofinanz-Gruppe aus. Notwendig war die Haftung geworden, weil die Abschlussprüfer der Immoeast auf einer Haftung bestanden, sonst hätten sie das Testat verweigert - die B.V. ist jenes Unternehmen in dem Komplex, das wegen seiner Beteiligungen am werthaltigsten ist.

Die Immoeast wird jedenfalls eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft abgeben. Bei der CPB ist bereits die Revision aktiv, die nach den Geldströmen forscht.

Grünes Licht

Nach eingehender Prüfung und später als erwartet (der Standard hat in einem Teil seiner Wochenendausgabe berichtet) hat die Finanzmarktaufsicht FMA am Freitagnachmittag den Kauf der Constantia Privatbank durch die fünf größten österreichischen Banken genehmigt. Käuferin ist die Zweckgesellschaft Aviso Gamma GmbH.

Bereits heute, Montag, soll der neue Chef der Bank, Andreas Grünbichler, zu arbeiten beginnen. Die beiden bisherigen Vorstände, Norbert Gertner und Karl Arco, werden wahrscheinlich ihr Mandat zurücklegen müssen. Die Zeit drängt für alle Beteiligten, denn die Bundeshaftung für die CPB läuft nur sechs Monate - bis März nächsten Jahres. (Claudia Ruff, Renate Graber, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 3.11.2008)