Salzburg - "Es geht ihnen körperlich sehr gut. Das ist irgendwie unglaublich, damit hat keiner gerechnet. Sie schauen für diese Umstände wirklich gut aus." Bernhard Ebners Augen strahlten, als er das Wiedersehen mit seinem Vater Wolfgang Ebner (51) gestern, Samstag, am Abend im Heeresspital in Wien den Journalisten bei einer Pressekonferenz am Sonntag in Salzburg schilderte. Über die Details der Entführung hätten sie noch nicht gesprochen, er könne sich aber nicht vorstellen, dass sein Vater und dessen Freundin Andrea Kloiber (43) von den Entführern misshandelt worden seien.

Die beiden Wüstenurlauber, die am 22. Februar 2008 angeblich in Südtunesien vermutlich von Mitgliedern der "Al-Kaida im Islamischen Maghreb" entführt und am Donnerstag nach 252 Tagen in Mali freigelassen worden sind, werden voraussichtlich noch einige Tage zur Untersuchung im Militärkrankenhaus Stammersdorf für weitere Untersuchungen bleiben. Dort werden sie auch psychologisch betreut. Wann sie eine Pressekonferenz geben, steht noch nicht fest. "Sie brauchen Ruhe und Zeit, anzukommen - nicht nur physisch", sagte Angehörigen-Sprecher Mike M. Vogl.

Andrea Kloiber konnte im Spital bereits ihre Mutter Christine Lenz in die Arme schließen. In einem Telefonat an ihren Mann berichtete Lenz, ihre Tochter sei "schwer getroffen", dass eine Frau in arabischen Ländern nichts wert sei. Kloiber habe sich als Frau sehr allein gefühlt. "Gut, dass sie zu zweit waren, da konnte der eine den anderen wieder aufbauen", sagte der Vater von Kloiber, Reinhard Lenz. Er bedankte sich wie Bernhard Ebner und der Bruder des entführten Halleiners, Walter Antosch, der ebenfalls an dem Mediengespräch teilgenommen hat, bei allen Akteuren, die zur Freilassung der Salzburger Geiseln beigetragen haben.

Brot und Wasser

Die Ernährung sei sehr eingeschränkt gewesen, "eine Zeitlang hat es nur Brot und Wasser gegeben", schilderte Bernhard Ebner die Erzählungen seines Vaters. Sie hätten auch an Flucht gedacht, aber ohne Erfolg. In dem Gebiet, wo sich die Gruppe aufgehalten habe, seien die Erfolgschancen bei Null gelegen, gab der 26-jährige Halleiner zu bedenken.

"Die Informationen, die sie bekommen haben, waren sehr unterschiedlich. Es war auch ein ständiges, psychisches Auf und Ab, wie bei uns. Im Hintergrund stand die Hoffnung auf Befreiung. Aber Gewissheit hatten sei keine." Das Alltagsleben sei für die Geiseln und ihre Entführer gleich abgelaufen. Aus den Schilderungen schließe er, dass die beiden Geiseln von den Entführern anständig behandelt worden seien - das verlange auch der Koran, so Bernhard Ebner. Ob das Verhältnis zueinander ein freundschaftliches gewesen ist, wisse er nicht.

Die Halleiner hätten sich zwar optisch verändert - "mein Vater ist braun gebrannt, etwas ergraut und abgemagert, sonst bin ich aber positiv überrascht", sagte Ebner. Geändert hätten sich aber die Wertvorstellungen der Freigelassenen: "Sie haben auf brutalem Weg erfahren, was es bedeutet, unter solchen Umständen zu leben, und gesehen, mit wie wenig Dingen sie überleben können."

Sein Vater habe jetzt keinen besonderen Wunsch geäußert, er und Andrea Kloiber seien "sehr froh, wieder zu Hause zu sein, dass sie ein gutes Essen bekommen und wieder in einem richtigen Bett schlafen können". Größere Ansprüche stellten sie nicht. "Mein Vater möchte so schnell wie möglich wieder in die Kanzlei." Nach acht Monaten im Sand sitzen, nach dieser totalen Umstellung, verspüre Wolfgang Ebner Datendrang, "es zieht ihn zur Arbeit".

Über die Befreiung und den Ort sowie den Zeitpunkt der Geiselnahme hätten sie noch nicht gesprochen. Auch wie die beiden Schäferhunde, die das Pärchen auf dem Wüstentrip begleiteten, ums Leben gekommen sind, wisse er nicht. "Am besten Sie warten, bis die beiden Ihnen gegenübertreten", bat der Sohn des Ex-Geisels die Journalisten um Geduld.

Ständig unterwegs

Über den Tagesablauf der Gefangenen wisse er nur so viel, dass sie ständig unterwegs gewesen seien und das Lager deshalb immer wieder ab- und aufgebaut werden musste. Der Alltag drehte sich auch um die Nahrungsmittel- und Trinkwasserbeschaffung. Ob die Entführer den Salzburgern Medikamente verabreicht haben, könne er nicht sagen, so Ebner. Es habe auch einen religiösen Hintergrund gegeben, und mit der Zeit sei das "passive Arabisch" seines Vaters, der ja nicht französisch sprechen konnte, immer besser geworden. "Anfangs unterhielten sie sich mit Händen und Füßen."

Auf die Frage, ob sich sein Vater nun Vorwürfe über die Gefährlichkeit der Reise mache, meinte Ebner: "Schauen Sie sich die Statistiken an, wie viele Leute in dieses Gebiet reisen. Ich glaube, es wird noch viel Zeit für uns bleiben, herauszufiltern, wie viel Eigenverschulden da ist." Der Bruder des entführten Halleiners, Walter Antosch, meinte, man müsse froh sein, Österreicher zu sein. Der Staat setze alles daran, einen Bürger, der im Ausland in Gefahr sei, wieder zurückzubekommen. "Es ist auf informellem Weg viel mehr geschehen, als man glaubt." Was die Kosten betreffe, gebe es bei Selbstverschuldung ja ein gewisses Rückforderungsrecht.

Den Moment, als er seinen Vater im Heeresspital wiedersah, wird Bernhard Ebner nie vergessen. "Es war ein eigenartiges Gefühl. Monatelang sehnt man sich, den Vater in die Arme zu schließen, und dann, als ich ihn am Gang das erste Mal traf, wusste ich nicht, was ich denken und fühlen soll." Das Treffen habe er sehr irreal empfunden, "es bleibt so viel zu verdauen übrig".

Der Vater von Wolfgang Ebner, der in Australien lebt, freute sich ebenfalls sehr über den positiven Ausgang: "Ich hab immer geglaubt, dass sie freigelassen werden. Aber ich habe mich gewundert, dass es so lange gedauert hat. Wenn sie es ruhig haben wollen, sollen sie zu uns rüber kommen", sagte der 72-jährige Baumanager Michael W. am Telefon. (APA)