Gibt es rauchende Ärzte nur in der Fotomontage oder auch in Wirklichkeit?

montage: derStandard.at

„Sie können sich die Arbeit eigentlich sparen," bringt Horst Olschewski, Nichtraucher und Arzt am LKH Graz, die Suche nach rauchenden Ärzten auf den Punkt. „Wer abhängig ist, ist schwach. Das zeigt man nicht gern öffentlich, erst recht nicht als Arzt," so Olschewski.

Doch eigentlich müssten Ärzte besonders gut in das Klischee des nervenschwachen Rauchers passen. Greift man doch leicht zum Glimmstengel, wenn 50 Patienten pro Tag durchs Behandlungszimmer spazieren oder man jeden Moment wegen eines schweren Verkehrsunfalls in den OP gerufen wird.

„Heikles Thema"

Olschewski behält jedoch schließlich Recht. Auch nach über zwanzig Anrufen und mindestens genau so vielen E-Mails findet sich kein Arzt, der Raucher ist und auch dazu steht. Wenn Krankenhausangestellte nicht gleich kommentarlos den Hörer auf die Gabel knallen, verkünden sie zumindest unsicher, sie wollen zu diesem „heiklen Thema" lieber nichts sagen. Und auch die sonst so raffinierten PR-Verantwortlichen schaffen es nicht, einen nikotinabhängigen Arzt zum Reden zu bringen.

Rolf Ziesche, Oberarzt am Wiener AKH, bestätigt die Theorie vom Ende des rauchenden Arztes. Er sagt zwar, Rauchen sei ein soziales Phänomen, aber in seiner Abteilung rauche niemand. Er selbst habe sogar noch nie eine Zigarette in die Hand genommen. Georg Wiedmann vom Wiener Ost-Donauspital sagt ebenfalls, dass es in seiner Abteilung früher viel mehr rauchende Ärzte gegeben hat als heute. Er selbst sei Ex-Raucher, der jedoch nicht wegen seiner Vorbildwirkung als Arzt aufgehört hat, sondern wegen seiner Kinder.

Michael Studnicka, Pneumologe und Vorstand der Universitätsklinik in Salzburg, räumt ein, als Medizinstudent geraucht zu haben. Er habe dann jedoch eingesehen, dass durch das Rauchen seine Lebenszeit um 25 Jahre verkürzt worden wäre. Im Umgang mit Rauchern ist ihm wichtig, dass "authentisch und wertschätzend kommuniziert wird". Seine Botschaft als Arzt würde nämlich nur dann verstanden, wenn er den Patient dort abholt, wo er steht.

Berufliche Entstellung

Ein letztes österreichisches Exemplar findet sich schließlich doch. Ein Lungenfacharzt, der aber anonym bleiben möchte, gesteht: „Ja, leider. Ich rauche" Er sieht seine Sucht als „berufliche Entstellung": „Ich halte es mit der déformation professionelle. Alle meine Patienten rauchen, also ist es sozusagen eine Form der Solidarität, wenn ich auch rauche." Mit der Vorbildwirkung als Arzt könne man das jedoch nicht in Einklang bringen, deshalb rauche er nie öffentlich und möchte auch an dieser Stelle nicht namentlich genannt werden. Da er als Lungenfacharzt genau über die Konsequenzen Bescheid wisse, habe er auch bei jeder Zigarette ein schlechtes Gewissen. Doch aufzuhören hat er bisher nicht geschafft: "Schon Oscar Wilde hat gesagt, nichts ist leichter als mit dem Rauchen aufzuhören. Ich habe schon dreißig Mal aufgehört." (maf/derStandard.at, 29.10.2008)