Laut einem Bericht zur sozialen Lage der Studierenden gehen bereits zwei Drittel einer Erwerbstätigkeit nach

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Wien - Die Einführung der Studiengebühren hat zu einem deutlichen Ansteigen der Erwerbstätigkeit der Studenten geführt. Dies zeigt der noch unveröffentlichte "Bericht zur sozialen Lage der Studierenden 2002", der der APA vorliegt. Waren laut dem letzten Sozialbericht im Jahr 1998 rund 50 Prozent der Studenten erwerbstätig, gingen 2002 - ein Jahr nach der Einführung der Studiengebühren - bereits rund zwei Drittel einer Arbeit nach. Die Vorsitzende der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH), Andrea Mautz, forderte gegenüber der APA die umgehende "vollständige Veröffentlichung des bereits seit Monaten fertigen Berichts" durch das Bildungsministerium.

Gegenüber dem letzten Sozialbericht sind sowohl die Geldzuwendungen der Eltern (2002: 273 Euro pro Monat gegenüber 180 im Jahr 1998) an die Studenten als auch die Verdienste aus eigener Erwerbstätigkeit der Studenten (430 Euro/Monat gegenüber 280) gestiegen. Trotzdem gab mehr als die Hälfte der Studierenden an, finanzielle Probleme zu haben. Nach Einführung der Studiengebühren verspürten zwei Drittel einen erhöhten finanziellen Druck, mehr als die Hälfte klagte über eine Einschränkung des Lebensstandards. Mehr als 40 Prozent haben wegen der Studienbeiträge ihre Erwerbstätigkeit ausgeweitet, knapp unter 40 Prozent ihre Studienaktivität reduziert.

Auch die wöchentliche Arbeitszeit der Studenten hat sich gegenüber 1998 erhöht: Laut dem Sozialbericht kommen sie mittlerweile durchschnittlich auf eine 43-Stunden-Woche (1998: 41 Stunden). Insgesamt 13 Stunden (1998: zwölf) werden für Lehrveranstaltungen aufgewendet, 18 Stunden für das sonstige Studium (1998: 18,4) und zwölf Stunden für eine Erwerbstätigkeit (1998: 10,5).

"Man sieht sehr klar, dass die Gebühren eine sozial negative Note gehabt haben", betonte die stellvertretende ÖH-Chefin Anita Weinberger. Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V) habe offenbar "gute Gründe", die vollständige Veröffentlichung des Berichts seit Monaten zu verschieben und nur ausgewählte Bereiche zu publizieren. Im Jänner hatte Gehrer Zahlen vorgelegt, wonach die soziale Herkunft der Studenten sich nach Einhebung der Beiträge kaum verändert habe.

Weinberger und Mautz erwarten auch nicht, dass es mittelfristig zu einem Anstieg der Absolventenzahlen kommt oder sich die durchschnittliche Studiendauer verkürzen wird. Dies sei kaum möglich, wenn die Studenten auf Grund ihrer steigenden Erwerbstätigkeit weniger zum Studieren kämen. Der Bericht liefere "genügend Argumente für eine Abschaffung der Gebühren".

ÖVP: Soziale Belastung "aus der Luft gegriffen"

Anders als die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) interpretiert ÖVP-Wissenschaftssprecherin Gertrude Brinek die Daten aus dem "Bericht zur sozialen Lage der Studierenden". So seien etwa die Absolventenzahlen in den vergangenen beiden Studienjahren gestiegen, was nicht nur zusätzliche Mittel für die Unis, sondern auch eine Verkürzung der Studiendauer gebracht habe. Die ÖH-Spitze solle bei den Tatsachen bleiben und "nicht andauernd über eine völlig aus der Luft gegriffene soziale Belastung der Studierenden durch die Studienbeiträge diskutieren", so Brinek in einer Aussendung am Donnerstag.

Laut den vorgelegten Daten hätte sich auch die durchschnittliche Studienaktivität von 30,4 (1998) auf 31 Wochenstunden (2002) erhöht, meinte die VP-Politikerin. Dies widerlege die Behauptung, dass die Studenten auf Grund höherer Erwerbstätigkeit weniger zum Studieren kämen. Weiters belege der Sozialbericht auch, dass sich die soziale Herkunft der Studenten seit der Einführung der Studiengebühren nicht verändert habe.

"Entschieden zurückgewiesen" wird von Brinek auch der ÖH-Vorwurf, wonach Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V) den fertigen Sozialbericht zurückhalte. Nach Fertigstellung einer Rohversion durch das Institut für Höhere Studien (IHS) habe das Bildungsministerium Anfang des Jahres "vertiefende Analysen und Auswertungen zu ausgewählten Themenbereichen" in Auftrag gegeben. Erst nach Einarbeitung dieser zusätzlichen Daten könne der Endbericht veröffentlicht werden. (APA)