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Turbulente Sitzungen im ungarischen Parlament sind programmiert: Ungarn muss im Gegenzug für die neuen Kredite rigoros sparen..

Foto: AP/Efrem Lukatsky

 Das unter Federführung des IWF ausverhandelte Rettungspaket für Ungarn sorgte am Budapester Finanzmarkt am Mittwoch für ein kräftiges Hoch. Die gesamtwirtschaftlichen Aussichten werden aber immer düsterer.

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Budapest/Wien/Brüssel - Die Einigung war bereits seit Tagen erwartet worden, am Mittwochmorgen sorgte dann aber die Höhe des ungarischen Finanzrettungspaketes für die große Überraschung. Der Internationale Währungsfonds (IWF), die EU und die Weltbank werden Ungarn einen Kredit in Höhe von 20 Milliarden Euro zur Verfügung stellen, zuletzt beliefen sich Spekulationen auf rund 12,5 Milliarden.

"Wir hatten die Befürchtung, dass ein Paket mit weniger Feuerkraft nicht ausgereicht hätte, um die Märkte zu beruhigen" , sagte Anne-Marie Gulde-Wolf, einer der IWF-Chefverhandler in Budapest, dem Standard am Mittwoch. DerIWF ist mit 12,5 Milliarden der größte Kreditgeber, gefolgt von EU(6,5 Milliarden) und Weltbank.

Wenn die "äußeren" Einflussfaktoren keine weiteren Überraschungen bringen, wird das Paket das Vertrauen in die Märkte zurückbringen, zeigte sich Gulde-Wolf überzeugt. Tatsächlich zogen der ungarische Leitindex BUX und derForint, der in den vergangenen Wochen massiv an Wert verloren hatte, am Mittwoch stark an. Einige Papiere, darunter jene der OTP-Bank und der Mol, wurden wegen Kurssprüngen von bis zu plus 15 Prozent sogar vom Handel ausgesetzt.

Die Höhe der Kredite sagt allerdings nichts darüber aus, wie viel Geld Ungarn tatsächlich in Anspruch nehmen wird. Wie bereits zuvor bei einem fünf Milliarden Euro Notkredit der Europäischen Zentralbank, werden Ungarn nur Kreditlinien zur Verfügung gestellt. Budapest kann also bei Bedarf auf das Geld zugreifen, muss aber nicht.

Der Bankensektor begrüßte das Rettungspaket einstimmig.

"Ein Schutzschild wurde gespannt, die internationalen Institutionen haben dem Markt gezeigt, dass sie Ungarn vertrauen", sagte etwa János Müller vomungarischen Bankendachverband in Budapest. Für Rainer Singer, Osteuropa-Analyst bei der Erste Bank, ist das Ausmaß des Rettungspaketes hingegen "übertrieben". Bei Abzug der konzerninternen Verbindlichkeiten übersteigt der Kredit sogar alle öffentlichen und privaten Verbindlichkeiten Ungarns in den kommenden zwölf Monaten. "Aber die Vorgehensweise ist für die Krise symptomatisch, es soll demonstriert werden, dass alles unter Kontrolle ist", so Singer.

Nur kritische Worte fand die Opposition. "Die Regierung hat uns über die Höhe des notwendigenKredites belogen oder war selbst komplett ahnungslos" , sagte Tibor Navracsics, Fraktionsvorsitzender der oppositionellen Fidesz dem Standard. Auch die Einsparungen, darunter die Streichung der 13 Monatsgehälter der öffentlichen Angestellten, kritisierte er. Statt eines Sparprogramms bräuchte Ungarn ein Konjunkturbelebungspaket und Steuersenkungen.

Neben dem Finanzpaket stand der Mittwoch in Ungarn auch im Zeichen trüber gesamtwirtschaftlicher Aussichten: Die Finanzkrise könnte in Ungarn 40.000 bis 50.000 Jobs kosten, sagt Arbeitsministerin Erika Szücs der Tageszeitung Nepszava. Bereits am Dienstag korrigierte die Regierung ihre Wachstumsprognosen für 2009 nach unten: Im kommenden Jahr wird die Wirtschaft demnach um ein Prozent schrumpfen.

Unterdessen wurde auch bekannt, dass die polnische Regierung die Landesbanken mit Kreditgarantien unterstützen will, der polnische Ministerrat hat einen entsprechenden Gesetzesvorschlag verabschiedet. (András Szigetvari, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30.10.2008)