Versicherungschef Günter Geyer will, dass der Staat nur dann Geld in die AUA einschießt, wenn der Käufer im Gegenzug eine Standortgarantie abgibt.

Foto: Regine Hendrich

STANDARD: Die Wiener Städtische ist mit 1,4 Prozent an der AUA beteiligt. Enttäuscht, dass die Verkaufsentscheidung vertagt wurde?

Geyer: Der ganze Verlauf der Privatisierung, Ergebnis inklusive, war sehr bescheiden, stand unter keinem guten Stern. Es ist richtig, jetzt Zeit zu gewinnen, vielleicht gelingt es, nun auch wieder andere Interessenten einzubinden, wobei ich persönlich auch Air China interessant fände. Insgesamt hat man den Verkauf zu spät begonnen und die Fristsetzung war sehr knapp.

STANDARD: AUA-Chef Ötsch hat die Fluggesellschaft im Februar als saniert bezeichnet, dann als Sanierungsfall. Was halten Sie von ihm?

Geyer: Für Ötschs "Kalt-Warm" fehlt mir das Verständnis, ich erwarte von Managern Berechenbarkeit. Aber man darf die Verantwortung der Regierung nicht unterschätzen: Die ÖIAG ist maßgeblicher AUA-Aktionär, die Regierung als Hauptaktionärsvertreter für die Privatisierung zuständig. Wenn man einen öffentlichen Tender macht, und es bleibt ein Bieter mit allen Trümpfen in der Hand übrig, dann ist das eher ein Lehrstück dafür, wie man es nicht machen soll.

STANDARD: Die Lufthansa bietet der ÖIAG einen Cent je Aktie, will einen massiven Schuldennachlass und die Kleinaktionäre um drei oder vier Euro je Aktie auskaufen. Was halten Sie von diesem Angebot?

Geyer: Aus österreichischer Sicht ist es unattraktiv. Die Standortsicherung bleibt völlig ungelöst, wir müssen aber die Drehscheibe Flughafen Wien, wenn möglich mit Einbindung Bratislava, erhalten.

STANDARD: Der Staat soll jetzt nach Vorschlag der Verstaatlichtenholding ÖIAG 500 Millionen Euro in die AUA stecken. Ist das vernünftig?

Geyer: Erstens muss man klären, ob das im Sinne des EU-Beihilfenrechts überhaupt erlaubt ist. Dann muss man klären, dass das nur einmal passiert und die AUA kein Fass ohne Boden wird. Wenn es bei diesem Betrag aber um eine Draufgabe geht, darum geht, die AUA herzurichten, damit der einzige Bieter gnädig Ja zu einem Geschenk sagt, dann sollte man sich das dreimal überlegen. Wenn man das an eine Standortgarantie bindet, ist es etwas anderes. Der Käufer muss eine Garantie für einen längeren Zeitraum geben, damit die Flughäfen Wien und eventuell Bratislava Drehkreuze bleiben, ja ausgebaut werden. Das ist viel Geld wert.

STANDARD: Wie stellen Sie sich eine Standortgarantie vor, die mehr wert ist als das Papier, auf dem sie steht?

Geyer: Man könnte festschreiben, dass gewisse Rechte oder Anteile wieder an den Verkäufer Republik zurückfallen, wenn die Zusagen nicht eingehalten werden.

STANDARD: Unter welchen Bedingungen würde sich die Städtische aus der AUA auskaufen lassen?

Geyer: Wir warten ab und lassen uns alle Möglichkeiten offen: verkaufen, Anteil erhöhen, drinbleiben. Für uns dreht sich alles um die Standortsicherung.

STANDARD: Das 100-Milliarden-Bankenpaket ist bereits Gesetz, ein Konjunkturpaket folgt. Macht die Regierung das Richtige in der Krise?

Geyer: Ja, wobei man beim Konjunkturpaket nicht mehr länger warten soll. Ich bin dafür, dass man eine Steuerentlastung für den Mittelstand - und zwar einen breit definierten - hineinverpackt. Allenfalls könnte man den Betroffenen Steuergutschriften geben, Hauptsache, es geht schnell.

STANDARD: Die Städtische lukriert 43 Prozent ihrer Prämieneinnahmen im Osten, kooperiert eng mit der Erste Bank, die auch stark in CEE aktiv ist. Wie sehr fürchten Sie einen Konjunktureinbruch dort?

Geyer: Ich bin der Überzeugung, dass der Schritt in den Osten der beste war, den man tun konnte. Das Wachstum dort wird sich zwar verlangsamen, aber nicht wegbrechen. Da versuchen manche, den Osten totzureden, aber das ist wie mit den derzeitigen Aktienabstürzen: Das entbehrt jeder Logik. (Renate Graber, DER STANDARD, Printausgabe, 29.10.2008)