Das Café Sperl war am 24. Oktober eines von 42 Lokalen, das zur Wiener Kriminacht einlud

Der Schweizer Autor Hans Rudolf Graf las aus seinem Krimi-Erstling Kaffeeklatsch

"Wenn Sie das hier gehört haben, werden Sie die Leute im Kaffeehaus in Zukunft anders ansehen." Der Schweizer Autor Hans Rudolf Graf beginnt die Lesung aus seinem Krimi-Erstling Kaffeeklatsch im Café Sperl mit einer Warnung. Mehr Lehrer als Schriftsteller verteilt Graf "Spickzettel" damit auch ja niemand den Faden in seinem Baseler Mordfall verliert. Ruhe kommt jedoch nur langsam auf. Palatschinken, Eierspeise und Schnitzel werden mehr Aufmerksamkeit geschenkt, als dem unsicheren Krimiautor und seinem Chefermittler Oberleutnant Tanner. Erst bei der Stelle „Und der Mann schlug dem Holzfäller die Axt in den Schädel..." lässt auch der letzte vom Schnitzel ab und lehnt sich zurück um nicht auch den nächsten Mord in der Kaffeerunde zu verpassen.

Von Schwizerdütsch zu Weanarisch

Test 1,2,3...Wenige Meter Luftlinie entfernt, überprüft Autor Manfred Rebhandl im Café Ritter die Technik und verkündet: "Es ist Biermösel-Zeit". Weit von Kaffeeklatsch entfernt, sitzen hier hauptsächlich Studenten bei einem kühlen Bier und warten auf Gendarm Biermösels vierten Fall "56,3 ° im Schatten". Rebhandls Protagonist ist ein echtes österreichisches Original, der es mit Wolf Haas Brenner dreimal aufnehmen kann - vor allem wenn es darum geht, zu tief ins Glas zu schauen.

"So ist der Biermösel zum Rauschgift gekommen"

Bevor es in "56,3 ° im Schatten" jedoch zum brutalen Mord kommt, berichtet Biermösel von seiner Kindheit im Ausseerland: "Es glaubt ja hoffentlich keiner, dass so ein Fideler Herzbube, der in jeder Bierzelt-Bude zum Beispiel dauernd 'Humtati Humtata' singen muss, aus dem Stand heraus beschwingt und fröhlich ist, kaum dass er 'Zwo drei' gesagt hat und die Polka anstimmt, ohne gewisse Substanzen geht da gar nichts! Da muss schon der Joe her, damit alle miteinander so fröhlich und beschwingt sind, aber nicht der Joe, der die Quetschenharmonika spielt, sondern der lustige Joe, den man rauchen kann."

Party trotz Mord

Nicht jeder der 15.000 Krimifans findet auch einen Platz in den oft überfüllten Kaffeehäusern. Das legendäre Café Hawelka im ersten Bezirk platzt bei Gerhard J. Rekels Lesung aus Der Duft des Kaffees aus allen Nähten - ob wahre Krimifreunde, oder nicht doch Touristen die heiß begehrten Plätze besetzen, bleibt offen. Auch wenige Straßen weiter im Salon ER-ICH finden viele bei Christian Schünemanns Frisör-Krimi Der Bruder keinen Platz mehr, feiern aber dann einfach im Vorraum eine Party - trotz Mord im Nebenzimmer.  (Maria Fanta, derStandard.at, 27.10.2008)