Martina Zadina, Geschäftsführerin von adworx.

Foto: adworx

Kampagne für den BMW-Mini als Beispiel für kreative Online-Werbung.

Kunde: BMW Mini
Kreativagentur: Demmer, Merlicek & Bergmann
Mediaagentur: Vizeum

Foto: adworx

"Ich sehe dem Online-Werbejahr 2009 sehr positiv entgegen, also die Krise als Chance", meint Martina Zadina vom Online-Vermarkter adworx im Interview mit etat.at. "Eine ganze Seite in der Kronen Zeitung zu kaufen, ist einfach", identifiziert Zadina bei vielen noch Probleme mit der Komplexität von Online-Werbung. Die nicht online-affinen Marketingleiter und Generaldirektoren werden aber weniger, ist sie überzeugt, dass das Internet vom Generationenwechsel enorm profitieren wird. Die Fragen stellte Oliver Mark.

etat.at: Heuer waren ja Großereignisse wie die Fußball-EM, Olympia und die Nationalratswahl. Wie fällt Ihre Bilanz aus? Hat Online-Werbung überproportional profitiert?

Zadina: Für uns als Vermarkter haben weder Europameisterschaft noch die Olympischen Spiele einen positiven Effekt gehabt. Die Auswirkungen der EM waren eher negativ. Viele Werbekunden haben entweder direkte Kooperationen mit den großen Medien des Landes gehabt oder ihre Werbebudgets überhaupt eingespart, weil sie in diesem "Werbewahn" nicht untergehen wollten. Olympia ist an uns vollkommen spurlos vorübergegangen. Bei der Nationalratswahl gab es natürlich die eine oder andere Kampagne.

etat.at: Wie hat sich die Webpräsenz im Parteienspektrum widergespiegelt?

Zadina: Alle politischen Parteien, vielleicht mit Ausnahme des Liberalen Forums und den Grünen, waren massiv unterrepräsentiert. Nachdem es ein sehr kurzer Wahlkampf war, hätte man eigentlich verstärkt aufs Web setzen müssen. Zum Beispiel habe ich keine einzige Jugendkampagne gesehen, die die Erstwähler angesprochen hat, sondern immer nur diese ins Netz gebrachten Plakatkampagnen. Man hätte zum Beispiel die Parteiprogramme herzeigen können, aber es ist weniger um Inhalte, sondern mehr um Personen gegangen.

etat.at: Österreich hinkt bei Online-Werbung im internationalen Vergleich noch etwas hinterher. Warum gibt es Ihrer Meinung nach diese große Diskrepanz zwischen der Mediennutzung und den Werbespendings, die aufs Internet entfallen?

Zadina: Ich gehe davon aus, dass das mit der Zeitverzögerung im Allgemeinen zusammenhängt. Online Mediaplanung war lange eine Erfahrungssache und die Reichweitenzahlen nicht über das Mediaplanungstool Zervice abrufbar. Dem wurde jetzt Rechnung getragen, indem die ÖWA-Plus integriert wurde.

Zum Zweiten glaube ich, dass beim ersten großen Hype des Internets so Ende der 90er Jahre bis Anfang 2000er viele Unternehmen relativ viel Geld verbrannt haben und daher immer noch ein bisschen ängstlich sind. In den Chefsesseln sitzen viele ältere, nicht online-affine Marketingleiter bzw. Generaldirektoren. Teilweise werden E-Mails nicht selbst gelesen, sondern von der Sekretärin ausgedruckt. Wenn man sich die Online-Spendings in Österreich vor Augen führt, dann hat sich in den letzten Jahren schon wahnsinnig viel bewegt. Mit den Steigerungsraten kann kein anderes Medium Schritt halten.

etat.at: Was bewirkt da die ÖWA-Plus, die immer ausdifferenzierter wird und wo immer mehr Medien aufspringen?

Zadina: Das gibt sicher einen enormen Schub und ich glaube, dass jedes Jahr neue Branchen auf Online Werbung setzen. Ich sehe jetzt auch die Wirtschaftskrise als Chance für die Online-Werbung.

etat.at: Warum? Weil Online-Werbung im Vergleich zu klassischer Werbung billiger ist?

Zadina: Ja, auf der einen Seite weil es billiger ist. Es werden aber auch Unternehmen, die bislang noch über mehrere Medienkanäle gefahren sind, aufgrund der Nutzungszahlen und der Flexibilität von Online-Werbung, im Jahr 2009 zusehends ihre Werbebudgets ins Internet umschichten. Das wird vielleicht nicht unbedingt Banken oder Finanzdienstleister betreffen, aber die von uns schon lange erwarteten FMCG und auch kleinere Unternehmen werden sicher mehr ins Medium Internet investieren. Ich sehe dem Online-Werbejahr 2009 sehr positiv entgegen, also die Krise als Chance.

etat.at: Welches Wachstum erwarten Sie für die Online-Spendings im Jahr 2009?

Zadina: Mindestens 15 Prozent. Das muss so sein, sonst haben wir die letzten zehn Jahre umsonst gearbeitet.

etat.at: Was erwarten Sie von der Integration der ÖWA-Zahlen in die Media-Analyse? Erleichtert das die Planung für die Mediaagenturen?

Zadina: Natürlich könnte das viel bringen, wobei man sagen muss, dass die Mediaagenturen, die Online-Units haben, jetzt schon wahnsinnig fit sind. Der klassische Mediaplaner, der mit Online noch nichts am Hut hatte, der tut sich natürlich schwer, weil das Thema sehr komplex ist. Eine ganze Seite in der Kronen Zeitung zu kaufen, ist einfach. Die ist so und so groß, kostet so und so viel und erscheint am Samstag. Wenn man dann plötzlich so wie bei Online-Werbung mit TKPs, dynamischer Auslieferung etc. konfrontiert ist, dann wird es schon relativ komplex und ist für manchen Kunden schwer zu verstehen.

etat.at: Eine Problematik, die sich mit dem Generationenwechsel von selbst lösen wird?

Zadina: Es gibt Unternehmen, wo die Marketingleitung gewechselt hat und jetzt plötzlich Online-Budgets frei werden. Eine Verschiebung der Werbegelder findet statt.

etat.at: Welche Werbeformen sind im Kommen, welche halten Sie für die effektivsten?

Zadina: Es kommt immer sehr stark darauf an, was der Kunde damit erreichen will. In den letzten Jahren haben wir die Erfahrung gemacht, dass großflächige Werbeformen wie Content-Ad, Bigsize Banner, Sitebar sehr gut funktionieren oder auch fixplatzierte, kleinere Formate, weil man damit eine unheimliche Reichweite abschöpfen kann. Letzendlich kommt es aber immer auf die Ziele des Werbetreibenden an, welche Werbeformen zum Erfolg führen.

etat.at: Wie schaut es mit Overlay-Formaten aus? Kommen zum Beispiel Pop-Ups noch irgendwo zum Einsatz?

Zadina: Das gute alte Pop-Up ist tot. Sehr selten werden noch Layer-Ads gebucht, aber die haben bei weitem nicht mehr so eine Präsenz wie noch vor einigen Jahren.

etat.at: Sehen Sie Ad-Blocker als Gefahr für die Online-Werbung?

Zadina: Im Moment ist es nicht wirklich kritisch, wir müssen das aber beobachten. Ich bin der Meinung, dass man da nicht viel gegensteuern kann. Wenn sich jemand entscheidet, keine Werbung sehen zu wollen, dann kann man den User schlecht zwangsbeglücken. Es gibt natürlich die Möglichkeit eines Work-arounds

etat.at: Welche Tendenzen gibt es in Bezug auf die Kreation von Online-Werbung?

Zadina: Ich denke, dass sich mittel- und langfristig die Streaming-Technologien und Streaming-Werbemittel durchsetzen werden, wo man einfach in den Skyscraper oder ins das Content-Ad Inhalte streamt. Damit sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt.

etat.at: Video-Werbung werden auch enorme Wachstumsraten prognostiziert.

Zadina: Das sehe ich als ganz massiven Trend. Zum einen die Video-Werbung, die man ins Standard-Werbemittel streamt und zum anderen auch Werbeformen, die man zum Beispiel zukünftig vor oder nach IPTV-Beiträgen schalten wird. Das sind die Werbeformen der Zukunft.

etat.at: Wo sollte die Werbung eingespielt werden? Am Anfang des Beitrages?

Zadina: Da fehlen die Erfahrungswerte für den gesamten österreichischen Markt. Man kann sie vorne schalten, während der Rest im Hintergrund lädt oder auch zum Abschluss. Wichtig ist auf jeden Fall, dass es sich um kurze Spots handelt. Keiner schaut sich einen zweieinhalb Minuten Werbeblock an, bevor er auf seinen IPTV-Inhalt kommt.

etat.at: Wie lange sollten die Spots maximal dauern? Rund 20 Sekunden?

Zadina: Ich würde für kürzere Spots plädieren. Sieben bis zwölf Sekunden sollten das Maximum sein. Setzen Sie sich vor den Rechner und zählen 15 Sekunden runter. Das ist schon ziemlich lange. Auch wenn sich eine Webseite nicht innerhalb von ein paar Millisekunden aufbaut, dann bricht der User einfach ab.

etat.at: Das heißt, man sollte auch nicht TV-Spots 1:1 im Internet schalten, weil die tendenziell länger als sieben bis zwölf Sekunden sind?

Zadina: Nein, denn es gibt ja Unternehmen, die TV-Spots aufs Internet adaptieren.

etat.at: In Österreich gibt es ja neben derStandard.at und krone.tv noch nicht viele Portale, die Werbung vor Video-Inhalten ermöglichen.

Zadina: Noch nicht, aber dieser Geschäftszweig ist sehr stark im Kommen.

etat.at: Vor kurzem wurde vorgeschlagen, dass sich Vermarkter von Online-Werbung in Österreich zusammenschließen sollen, um größere Reichweiten anbieten zu können. Könnte das zusätzliche Impulse bringen?

Zadina: Nein, ich sehe das nicht als Notwendigkeit. Die Konkurrenz belebt den Markt. Es wäre auch langweilig, wenn alles in einer Hand wäre. Man kann bei jedem Vermarkter Reichweite ,Special Interest kaufen und Einzelbuchungen auf Seiten. Die großen Medien vermarkten sich weitgehend selber. Ich habe aber nicht das Gefühl, dass sich das kannibalisiert.

etat.at: Die Präferenzen der User werden durch Targeting immer besser identifizierbar. Was weiß man in der Zwischenzeit?

Zadina: Anonymisiert weiß man über User einiges. Es ist in dem Zusammenhang wichtig, dass sämtliche Daten, die über Adserver oder Behavioral Targeting gesammelt werden, vollkommen anonymisiert sind. Das ist sehr wichtig, weil der User immer noch Angst hat ein gläserner Mensch zu sein. Die Werbung kann entsprechend dem Nutzungsverhalten ausgeliefert werden. Früher war es so, dass man zum Beispiel den Webstandard gebucht hat, um webaffine Leute zu erreichen. Durch Behavioral Targeting kann man User mit diesen Interessen auch in anderen Channels erreichen.

etat.at: Gibt es eine bestimmte Online-Werbekampagne, die Ihnen in letzter Zeit besonders gut gefallen hat oder die besonders erfolgreich war?

Zadina: Das war eine Kampagne für den BMW-Mini, die mit einem Layer-Ad gearbeitet hat, wo der Mini im Retourgang aus der Webseite herausgefahren ist und dabei die Webseite zerfetzt hat. Das hat zwar für einige Aufregung gesorgt, war aber mal was anderes.

etat.at: Welche Chancen sehen Sie im Bereich Mobile Advertising, zum Beispiel Werbung am Handy?

Zadina: Damit sollte man sich natürlich beschäftigen, da die mobilen Devices immer besser werden und immer mehr mobile Dienste abgefragt werden. Für die Zielgruppe bis 30 Jahre ist es ein großes Thema, sich mobil Informationen zu einem bestimmten Produkt oder zu einem Gewinnspiel einzuholen. Nachdem die meisten österreichischen Handyverträge mit einer Flat Fee versehen sind, ist das für den User nicht teuer.

Wie man sieht, sind in den letzten Wochen und Monaten viele neue Portale dazugekommen. Oe24 und die Presse sind mobil online gegangen, derStandard.at hat das Portal sowieso schon länger. 2008 erfolgt die Vermarktung und Gestaltung von Online-Kampagnen im mobilen Internet noch punktuell, aber 2009 wird das in mehr Kampagnen als fixer Bestandteil drinnen sein.

etat.at: Auch mit eigens für mobile konzipierten Werbeformen?

Zadina: Ja, davon ist auszugehen, weil man mit dem Werbemittel ja auch eine eigene mobile Landing-Page braucht und man nicht mit einer normalen Internetseite arbeiten kann. Im Moment gibt es noch zehn oder 15 unterschiedliche Formate, die man für eine mobile Kampagne braucht. Das wird sich im Laufe des nächsten Jahres sicher regulieren. Wir werden Anfang 2009 ein Produkt auf den Markt bringen: Ein Zusammenschluss von verschiedenen mobilen Webseiten, die wir dann anbieten.