Nichts, aber auch gar nichts hält den Ural-Fahrer ab. Schon gar nicht wenn er mit der neuen Wjuga unterwegs ist. Auch der glu träumt davon endlich mal vor allen anderen ganz oben zu sein. Lesen Sie mehr von glus Träumen auf Seite 2...

Foto: Werk

Der Nebel schleicht sich übers Land, die Motorradlhandschuh werden gegen gefütterte getauscht und die Eisen rosten eingewintert vor sich hin. Jetzt ist es bald aus mit dem Motorradl fahren für heuer. Das Laub kommt, der Grip geht und das Traummännlein streut Staub auf die Mopeds. Wenn dann der erste Schnee fällt, ist die letzte Reiben eingewintert. Die japanischen und deutschen und österreichischen und sonstigen Zweiräder liegen im Winterschlaf.

Foto: Werk

Schneesturm in der Taiga. Minus 40 Grad. Die Eiszapfen wachsen an solchen Tagen gerne waagrecht und grad einmal der Hochofen aus Donawitz könnte die Temperatur in der Stube so hoch treiben, dass man die Bärenfellmütze abnehmen kann. Feiglinge würden Wodka trinken, wenn nicht auch der schon zum Lutscher gefroren wäre. Aber echte Helden ziehen die Bärenfellmütze etwas tiefer ins Gesicht und gehen vor die Tür. Dort steht die Ural Wjuga. Modell "Schneesturm Camouflage". Nur wer sie findet, kann sie anstarten.

Foto: Werk

Die Wjuga ist die High-End-Winter-Racing-Edition der Ranger und als solche für unsere Breiten kaum vorstellbar. Das russische Gespann raubt mir seit Tagen den Verstand. Zuschaltbarer Beiwagenantrieb. 750 Kubik Boxermotor. 40 PS und 52 Nm. Vier Vorwärtsgänge und einer zum Zurückfahren. Höchstgeschwindigkeit: rund 100 km/h. Vorwärts versteht sich. Trocken wiegt die Wiege 350 Kilogramm. Trommelbremsen hinten und beim dritten Rad am Wagen. Ural selbst wirbt damit, dass kein Chrom in der Gegend herumblitzt. Nein, Ural fahren, das ist Motorradfahren pur.

Foto: Werk

So pur, dass natürlich ein Reserverad auf der Wjuga drauf ist. Natürlich Stollenreifen. Und weil die Wjuga ja ein Sondermodell ist, hat sie auch einen russischen Armeespaten dabei. Zusammenklappbar und fix verzurrt. Nein, den Spaten braucht man nicht, um die Wjuga aus den Schneewechten zu befreien, das schafft die auch so. Ich nehme an, der Spaten ist das erweiterte Reparaturset. Für alles, was sich mit Hammer und Sichel nimmer richten lässt. Aber viel kann das nicht sein bei der Wjuga.


Foto: Werk

>>> Legenden, Wahrheiten und russische Träume

Ich glaube sogar einmal eine Geschichte einer Ural gehört zu haben, die immer noch fuhr, obwohl keine Zündkerze drinnen war. Oder war kein Sprit mehr drinnen? Oder ist keiner mehr drauf gesessen? Oder ist sie nicht gefahren obwohl wer draufgesessen ist, eine Zündkerze montiert und Sprit im Tank war – oder gerade deswegen? Russische Geschichten über das russische Motorrad gibt es jedenfalls wie Schnee in Sibirien. Und Ural sieht sich selbst mit einem lachenden Auge, erkennt man, wenn man die Flash-Comics auf www.ural-motorcycles.com anschaut.

Foto: Werk

Der Boxer-Motor ähnelt dem von BMW. Und von BMW hat man vielleicht auch die Heizgriffe auf der Wjuga abgeschaut. Das gehört bei der Wjuga zu dem, was man bei einem Auto „Winterpaket“ nennen würde. Es besteht neben den Heizgriffen aus einer größeren Windschutzscheibe und Knieschutzblechen. Na klar ist das eine russische Lösung. Ist ja auch ein russisches Radl. Dafür ist am Beiwagen ein weiterer Scheinwerfer montiert. Damit kann man sich klass den Weg heimleuchten.

Foto: Werk

Ich stell es mir herrlich vor, den Dr. Redl, der ja auch ein wahrer Ural-Kenner ist, auf seinem Haussteilhang in Ampflwang herzubrennen. Locker auf der stylischen Wjuga sitzend, im Beiwagen einen Picknickkorb mit einer Knackwurscht und einen Tee in der Thermoskanne. Oben am Gipfel ringerte der Dr. Redl nach Luft, ich nach dem Senf in der Tube. Und neidisch tät er zu mir rüber schauen, der Dr. Redl. Und fragen würd er mich, ob er wenigstens beim Runterfahren mitfahren dürfe. Seine Enduro würden wir einfach auf die Gepäckbrücke montieren, die bei der Wjuga dort ist, wo die Ranger ein Soziusplatzerl hat.

Foto: Werk

Und wenn dann am Weg runter der Schneesturm kammert, dann dreherte ich die Heizgriffe auf und der Dr. Redl zieherte sich die Picknickkorb-Decke über die Schenkerl. Und tat uns unterwegs der Sprit ausgehen, würden wir einfach mit Hammer und Sichel ein wenig von unserem Tee in den Tank füllen.

(Text: Guido Gluschitsch; Fotos: Werk)

Guido Gluschitsch ist Chefredakteur von www.motorradnet.at.