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Sacharow-Preisträger 2008: Hu Jia

Foto: AP/Ng

Der chinesische Bürgerrechtler Hu Jia, der im April von einem Pekinger Gericht zu dreieinhalb Jahren Haft wegen „subversiver Veröffentlichungen" zur Unterhöhlung der Staatsgewalt verurteilt wurde, hat den vom Europäischen Parlament verliehenen Sacharow-Preis für geistige Freiheit erhalten. Der 35-Jährige ist der 20. Träger des mit 50.000 Euro dotierten Preises, der neben Nelson Mandela und Chinas Dissidenten Wei Jingsheng auch schon an Kofi Annan verliehen wurde.
Hu ist seit seinem Hausarrest und seiner Verurteilung zur weltweiten Symbolfigur für die Verfolgung chinesischer Menschenrechtsaktivisten geworden. Für die Freilassung des schwer leberkranken Gefangenen setzten sich wiederholt die USA ebenso wie die EU ein. Die Straßburger Parlamentarier ließen sich bei ihrer Wahl am Donnerstag weder von einer im Vorfeld als Brief formulierten Warnung des chinesischen EU-Botschafters abbringen, dass sie den Beziehungen zwischen China und EU schwer schaden. Sie ignorierten auch den politischen Eklat durch den delikaten Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe.

Am Donnerstag versammelten sich 27 europäische Regierungschefs und Außenminister in Peking, darunter auch der österreichische Bundeskanzler. Sie wollen auf dem heute, Freitag, beginnenden Asien-Europa-Gipfel (Asem) Chinas Regierung und die Führer der Asean-Staaten ins Rettungsboot für die Weltwirtschaft holen.

Hu Jia hatte sich nach seinem abgeschlossenen Wirtschaftstudium bei Pekinger Umweltprojekten und ab 2001 in einer Aidshilfeorganisation für zehntausende chinesische Bauern engagiert. Diese hatten sich bei einem von korrupten Funktionären gedeckten, kriminellen Handel mit Blutspenden mit HIV infiziert. Hu prangerte später über Blogs und seine Internetbeiträge Chinas Korruption, die Verfolgung von Randgruppen und ständige Verletzung von Menschenrechten an. Er wurde daraufhin fast ein Jahr lang zusammen mit seiner Frau Zeng Jinyan und der im Herbst 2007 neugeborenen Tochter unter Hausarrest gestellt.

Hu Jia führte darüber Tagebuch und filmte von der Wohnung aus seine rund um die Uhr ihn bewachenden Sicherheitsbeamten. Ende Dezember 2007 wurde er verhaftet. Dabei spielte auch die Stellungnahme zur Lage in China eine Rolle, die er am 26. November 2007 per Internet-Telefonkonferenz vor dem Straßburger EU-Ausschuss für Menschenrechte abgegeben hatte. Hu warf Peking dabei einen politischen Missbrauch der Olympischen Spiele vor. Das Gericht verurteilte ihn offiziell wegen fünf regimekritischer Internetartikel und zwei Interviews. (Johnny Erling aus Peking, DER STANDARD, Printausgabe, 24.10.2008)